Die Angst vor der Mietpreisbremse
Für Wohnungs- und Immobilienunternehmen im GdW sind die Zukunftsaussichten trübe
Axel Gedaschko hat in den letzten Monaten keine Gelegenheit verstreichen lassen, ohne die von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geplante Mietpreisbremse zu geißeln. Das Netz ist voll von Interviews, Streitgesprächen und Pressemitteilungen aus seinem Hause, in denen er ein ums andere Mal davon spricht, dass die Mietpreisbremse mehr schade als sie nützt. Kein Wunder also, dass der Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW - des größten Branchendachverbands im Land, der 3000 Wohnungsunternehmen vertritt und sechs Millionen Wohnungen bewirtschaftet - auch die Jahrespressekonferenz am Montag in Berlin nutzte, um noch einmal seine Ablehnung unters Volk zu bringen.
Gedaschko warnte trotz insgesamt positiver Verbandsbilanz - erstmals knackten die Investitionen der GdW-Wohnungsunternehmen die Zehn-Milliarden-Euro-Grenze, die Sanierungsrate ist fast doppelt so hoch wie im Restmarkt, im Jahr 2013 wurden mehr als 13 000 Wohnungen fertiggestellt, die GdW-Mieten liegen unter dem Bundesdurchschnitt, Mietschulden sind rückläufig - erneut vor »regulatorischen Eingriffen in einen funktionierenden Markt«. Dinge wie die Mietpreisbremse »lösen das Problem nicht, sondern verschlimmern es nur«, ist sich der GdW-Präsident sicher. Mit ihr werde vielmehr der Wohnungsneubau ausgebremst, mit der Folge, dass es in Ballungsräumen zur weiteren Verknappung des Wohnungsangebotes käme. Der Gesetzentwurf aus dem Hause Maas zeuge von Unkenntnis der Wirkungszusammenhänge am Wohnungsmarkt, so das vernichtende Urteil aus der Wohnungswirtschaft, zu dem allerdings Mieterverbände so gar nicht gelangen wollen. Unerlässlich sind für den GdW-Präsidenten - wenn die Bremse schon nicht ganz und gar ausgebremst werden kann - wenigstens die zeitliche Befristung und territoriale Begrenzung der Mietdeckelung sowie deren Koppelung an einen Maßnahmeplan für Wohnungsneubau.
Auf Nachfrage von »nd«, dass die GdW-Unternehmen ob der von Gedaschko nicht ohne Stolz beschworenen moderaten Mietentwicklung vor der Mietpreisbremse doch nun wirklich keine Angst haben müssten, weil die ja erst bei Forderungen nach einer Wiedervermietung von über zehn Prozent greifen würde, zeigte sich der Präsident nur wenig amüsiert. Er verwies erneut auf den Wohnungsneubau, für den die Bremse - zumindest bei der Erstvermietung einer neu gebauten Wohnung - jedoch gar nicht zur Anwendung kommt. Schließlich, so das Argument beim GdW, würden Investoren viel langfristiger kalkulieren.
Wer an dieser Stelle allerdings annimmt, dass bei der Wohnungswirtschaft generell gegenüber jedwedem staatlichem Eingriff Vorbehalte wegen der bis zum Abwinken beschworenen »Gängelei« bestehen, musste sich wenig später verwundert die Augen reiben. Eine »Nebenkostenbremse« nämlich fordert Gedaschko durchaus. So richtig es ist, dass die Nebenkosten inzwischen ein erträgliches Maß längst weit überschritten haben, so richtig ist jedoch auch, dass deren Begrenzung nicht die Wohnungswirtschaft hinzunehmen hätte - eine Tatsache, die es dem Präsidenten vermutlich erheblich erleichtert, derlei zu fordern. Fest steht: Nettokaltmieten sind bundesweit seit 2000 um 17 Prozent gestiegen, die Inflationsrate hat sich um 25 Prozent erhöht, die Preise bei den kalten Betriebskosten kletterten um 20 Prozent, bei Gas und Heizöl um 112, die Stromkosten um 99 Prozent.
Auch bei den Baukosten sieht der GdW durchaus Handlungsbedarf durch womöglich »gängelnde« Hände von »ganz oben« aus der Bundesregierung - und fordert die Einrichtung einer Baukostensenkungskommission. Auch hierfür stehen die Zahlen bereit: Die Preisentwicklung für Bauleistungen der energetischen Sanierung weist aus, dass in den letzten 13 Jahren Rohrdämmung um 64,9 Prozent teurer wurde, Wärmepumpen um 51,7, Warmwasserspeicher um 51,2, Heizkessel um 50,8, Brennwertkessel um 50,5 Prozent.
Die Fakten für Neben- und Baukosten sind durchaus überzeugend - die Forderungen nach Begrenzungen und politischer Verantwortung nachvollziehbar. Warum derlei allerdings ausgerechnet für die seit Jahren aus dem Ruder laufenden Mietforderungen in Groß- und Universitätsstädten nicht gelten soll, wird wohl auch fürderhin das Geheimnis der Wohnungswirtschaft bleiben.
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