Journalistentod und C-Waffen
In der ukrainischen Krise ermittelt die russische Generalstaatsanwaltschaft
Ukrainische Mütter, die sich gegen die Einberufung ihrer Söhne zum Kriegsdienst in den umkämpften Gebieten im Osten des Landes wehrten, wollte Anatoli Kljan vor einer Kaserne in Donezk filmen. Bevor jedoch der Kameramann vom staatsnahen russischen Ersten Kanal sein Motiv anvisieren konnte, hatten ihn Schützen im Visier. Unklar bislang, ob er Opfer von Scharfschützen der Nationalgarde oder prorussischer Kämpfer wurde. Jetzt ermittelt die russische Generalstaatsanwaltschaft.
Bei dem Verfahren geht es nicht nur um Journalistenmord, wobei Kljan nicht der erste russische Medienvertreter war, der bei der Arbeit im ukrainischen Krisengebiet ums Leben kam. Es geht auch um Einsatz verbotener Kampfmittel und -methoden. Der Chef der sogenannten Donezker Volksrepublik, Pawel Gubarew, warf am Montag der ukrainischen Armee den Einsatz chemischer Kampfstoffe gegen die Volkswehr vor. Zwei Kämpfer seien mit Vergiftungen durch Phosphordämpfe ins Krankenhaus eingeliefert worden, ihr Zustand sei sehr kritisch, schrieb er bei Facebook. Anfang Juni hatte das russische Staatsfernsehen von Phosphorbomben berichtet, die Kiew bei den Kämpfen um die Stadt Slawjansk abgeworfen haben soll.
Russische Experten warnen bereits vor einer »Afrikanisierung« des Konflikts. »Volkswehren« und Freiwilligen aus Russland stünden neben regulären Einheiten auch die Nationalgarde, die sich vor allem aus Paramilitärs des faschistoiden Rechten Sektors rekrutiert, und Privatarmeen von Oligarchen gegenüber.
Der Führung in Kiew sei es nicht gelungen, deren Aktivitäten zu koordinieren, stellen die russischen Experten besorgt fest. Auch deshalb sei die einwöchige Feuerpause immer wieder gebrochen worden. Auch sei der Frontverlauf extrem unübersichtlich. Keine der Konfliktparteien würde ein zusammenhängendes Gebiet kontrollieren und lediglich einzelne Siedlungen oder Höhen halten können.
An Bürgerkriege auf dem Schwarzen Kontinent erinnert auch das Flüchtlingsdrama. Zivilisten aus den umkämpften Gebieten suchen vor allem in den grenznahen Regionen Zentral- und Südrusslands Zuflucht. Im Gebiet Rostow sah Gouverneur Wassili Golubew sich schon Anfang Juni gezwungen, in 15 Landkreisen den Notstand auszurufen. Seit gestern gilt er in der gesamten Region. Im jüngsten Bericht des UN-Flüchtlingskommissariats heißt es, seit Jahresbeginn hätten über 110 000 Ukrainer in Russland Zuflucht gesucht. Die Führung in Kiew bestreitet das, auch deren Paten in Washington nennen die Zahlen überzogen. Es handle sich um maximal 10 000, sagte Außenamtssprecherin Marie Harf allen Ernstes im russischen Fernsehen.
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