Geständnisse nach Mord an jungem Palästinenser

Drei Festgenommene gestehen brutale Tat / Netanjahu ruft Vater des Opfers an / Streit in der Regierung über Reaktion auf Raketenbeschuss

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Nach der brutalen Ermordung eines jungen Palästinensers haben drei radikale Israelis Geständnisse abgelegt. »Drei der sechs Verdächtigen haben die Ermordung und Verbrennung von Mohammed Abu Chder bei lebendigem Leib gestanden«, verlautete am Montag aus Ermittlerkreisen. Abu Chder war am vergangenen Mittwoch in Ostjerusalem verschleppt worden. Wenig später wurde die verbrannte Leiche des 16-Jährigen in einem Wald im Westteil der Stadt entdeckt. Am Sonntagmorgen nahm die Polizei sechs junge jüdische Extremisten fest. Sie werden beschuldigt, einer »Terrororganisation« anzugehören und einen Minderjährigen »aus nationalistischen Motiven« entführt und ermordet zu haben, wie das Onlineportal Ynet berichtete.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief laut seinem Büro am Montag Abu Chders Vater an, um ihm zu kondolieren und seine Erschütterung über den »abscheulichen Mord« auszudrücken. Der Tod des Palästinensers kurz nach der Beisetzung von drei im Westjordanland entführten und getöteten jungen Israelis hatte die Spannungen im Nahostkonflikt deutlich verschärft. In mehreren israelischen Städten gab es heftige Ausschreitungen arabischer Israelis. Im Norden Israels gab es in der Nacht zum Montag erneut Proteste und Angriffe auf die Polizei, dabei wurden 110 Menschen festgenommen. In Nahf und Nazarath zündeten maskierte Demonstranten Autoreifen an und errichteten Straßensperren. Bei Ausschreitungen im südisraelischen Beerscheva wurden nach Angaben der Polizei zwölf Menschen festgenommen.

Zudem flogen die israelische Streitkräfte in der Nacht zum Montag erneut Luftangriffe auf den Gazastreifen, bei denen laut den Rettungskräften acht Palästinenser getötet wurden. Seit der Entführung der drei Israelis, die eine großangelegte Militäraktion im Westjordanland auslöste, haben die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen und die Vergeltungsangriffe der israelischen Luftwaffe deutlich zugenommen.

Ein Sprecher des palästinensischen Volkswiderstandskomitees sagte, Israel habe »das Tor zur Hölle« für sich geöffnet und die Raketenangriffe würden weitergehen. In Israel schlugen am Montag laut der Armee mindestens 28 Raketen aus dem Gazastreifen ein. Ein Soldat wurde dabei nach Militärangaben verletzt.

Die israelische Politik ist gespalten in ihrer Haltung, wie sie auf den verstärkten Beschuss reagieren soll. Im Streit über einen möglichen Militäreinsatz im Gazastreifen zerbrach am Montag auch das Bündnis der Ultranationalisten um Außenminister Avigdor Lieberman mit der konservativen Likud-Partei von Regierungschef Benjamin Netanjahu. Lieberman kündigte den Pakt seiner Partei Unser Haus Israel mit Likud auf. »Es ist kein Geheimnis mehr, dass es fundamentale Meinungsverschiedenheiten gibt, die uns eine Zusammenarbeit nicht länger erlauben«, sagte Lieberman.

Während Lieberman die Wiederbesetzung des Gazastreifens fordert, will Netanjahu einen »kühlen Kopf« bewahren. Statt auf eine Bodenoffensive setzt er auf verstärkte Luftangriffe. Nach dem Bruch ihre Bündnisses mit Likud wollen die Ultranationalisten nun im Parlament als eigene Fraktion auftreten, nicht aber aus der Koalition aussteigen. Unser Haus Israel und Likud waren bei der Parlamentswahl vor anderthalb Jahren mit einer Liste angetreten und hatten 31 der 120 Sitze in der Knesset erhalten. AFP/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -