Gefährlich selbstherrlich
Malene Gürgen über das Eskalationspotenzial der Berliner Polizei
Nicht einmal fünf Sekunden liegen zwischen dem »Ausweis her« des Polizeibeamten und der Szene, in der er mit Hilfe seiner Kollegen den jungen Mann brutal auf den Boden wirft, ihm das Bein verdreht und das Knie in die Seite rammt. Das Video dazu sorgt nicht umsonst für Aufmerksamkeit: Nicht nur ist das Vorgehen der Polizisten schockierend brutal, auch erschreckt die Unvermitteltheit, mit der der eben noch lächelnde Mann zu Boden gestoßen wird. Auch wenn das Video den Vorlauf der Szene nicht zeigt: Die Prügelattacke der Polizei, das ist deutlich zu sehen, kommt für den Betroffenen wie auch die Umstehenden völlig überraschend.
Einen Einzelfall zeigt das Video indes nicht: Zwischen 2000 und 3000 Strafanzeigen gegen Polizisten wegen Körperverletzung im Amt werden in Deutschland jedes Jahr gestellt, Anzeigen gegen Unbekannt nicht mitgerechnet. Die Dunkelziffer schätzen Experten deutlich höher, denn Polizeigewalt zieht nur selten eine Anzeige nach sich. Von den Anzeigen wiederum wird nur ein Bruchteil verfolgt, die meisten Ermittlungen verlaufen im Sande.
Kompetenzüberschreitung im Konflikt um die besetzte Schule, Pfefferspray gegen minderjährige Schüler und der Vorfall am Samstag: Die Berliner Polizei hat in den letzten Tagen alles getan, um sich in der Stadt noch unbeliebter zu machen, indem sie von ihrem Präsidenten über diverse Einsatzleiter bis hin zum einzelnen Beamten so viele Grenzen wie möglich überschritten hat. Gut ist nur, dass die verschiedenen Vorfälle dokumentiert und verbreitet werden - hoffentlich trägt das dazu bei, dem gefährlich selbstherrlichen Verhalten der sich offenbar viel zu sehr in Sicherheit wiegenden Polizisten entgegenzuwirken.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.