Deutschkurse schützen vor Mieterhöhungen nicht

Wohnungskonzern LEG wirbt mit sozialem Image, viele Mieter klagen jedoch über steigende Preise

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Soziale Ausrichtung und dennoch hohe Renditen an der Börse? Das Immobilienunternehmen LEG scheint damit wirtschaftlich erfolgreich. Mieter sehen das anders.

Ob Deutsche Bank, Société Générale oder Commerzbank - die Analysten mehrerer großer Geldhäuser haben in den vergangenen Tagen Kaufempfehlungen für die Aktie der LEG Immobilien AG gegeben oder zumindest das Kursziel erhöht. Binnen eines Jahres stiegen die Anteilsscheine der Firma um fast 37 Prozent. Und das trotz des sozialen Images, dass LEG nach außen hin kultiviert.

Das Unternehmen versorge die unteren Einkommensklassen mit bezahlbaren Wohnungen, jubelte kürzlich die »FAZ«. Angesichts knappen Wohnraums und überteuerter Mieten in vielen Städten klingt dies wie ein Sozialmärchen. Eine Nettokaltmiete von 4,96 Euro je Quadratmeter Wohnfläche und 322 Euro Kaltmiete im Monat - solche Durchschnittswerte für ihre bundesweit 96 000 Wohnungen nennt die LEG. »Wir investieren in Dinge, die sich unser Klientel erlauben kann, und wir bemühen uns, durch Leistungen mit einem zusätzlichen Nutzen für die Mieter die Kundenbindung noch zu steigern«, so Vorstandschef Thomas Hegel.

Dazu gehört, dass die Düsseldorfer LEG 2008 eine Sozialcharta eingeführt hat. Mit dieser verpflichtet sie sich gegenüber Nordrhein-Westfalen zu Bonusleistungen im Wert von 12,50 Euro pro Quadratmeter. LEG investiert nach eigenen Angaben mehr als das - 2013 sollen es 14 Euro gewesen sein. Zu den Bonusleistungen zählt Hegel etwa Altenhilfe, Deutschkurse für Ausländer oder Multimediaangebote im verpachteten Kabelnetz.

Doch nicht alle 260 000 Mieter sind vom sozialen Image überzeugt. So kam es Mitte Juni vor der Jahreshauptversammlung zu Protestaktionen von Mietern und Gentrifizierungsgegnern. »Wir haben nicht so gute Erfahrungen mit der LEG gemacht«, heißt es auch beim Deutschen Mieterbund in Düsseldorf. »Die LEG hat flächendeckend Mieterhöhungen durchgezogen«, kritisiert Mieterbund-Geschäftsführerin Silke Gottschalk und nennt als Beispiele Bochum, Witten und Bielefeld. Die Erhöhungen lägen immer an der Obergrenze der örtlichen Vergleichsmiete. Ein solcher Höchstpreis bedarf laut Mietrecht der Begründung. So müssten die vergleichsweise teuren Wohnungen besonders gut ausgestattet sein. »Seit dem Baujahr 1950 ist aber in der Zwischenzeit nicht viel passiert«, so Gottschalk.

Das Unternehmen will allerdings von einer Strategie der Maximalmiete nichts wissen. »Es kommt immer auf die Bestände drauf an, es kommt auf die Region drauf an«, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. »Es ist ja nicht so, dass wir das durch die Bank so machen in all unseren Beständen.«

In vielen offensichtlich schon. Schlechte Erfahrung hat auch der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. gemacht: »Die LEG erhöht seit Inkrafttreten des Mietspiegels 2011 kontinuierlich die Mieten« - immer an der Oberkante der Preisspannen des Mietspiegels. Zahlungsunwillige in den 8000 Wohnungen werden mit »einer regelrechten Klagewelle« überrollt. Betroffenen rät der Mieterverein, sich gegen überzogene Forderungen zu wehren. »Die Chancen dafür stehen sehr gut.«

Davon geht auch der Mieterbund aus: Wenn Bewohner gegen die Praxis der Maximalmiete vor Gericht zogen, habe die LEG die Erhöhung immer storniert. Es soll bislang noch kein Urteil zugunsten der LEG ergangen sein. Als wegweisend unter Juristen gelten zwei Beschlüsse des Landgerichts Dortmund vom 25.06.2012.

Die heutige LEG Immobilien AG geht auf die 1970 gegründete öffentliche Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen zurück. Im August 2008 wurde der bis dahin landeseigene Wohnraumversorger von der CDU/FDP-Landesregierung an ein Konsortium aus Private-Equity-Fonds um die US-Investmentbank Goldman Sachs verkauft. Das Unternehmen ist heute eine der größten Wohnimmobiliengesellschaften in Deutschland.

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