Militärische und mediale Offensiven
MH17-Katastrophe ungeklärt
Knapp zwei Wochen nach dem Absturz der Boeing 777 über der Ostukraine gibt es mehr dümmliche Gerüchte und hasserfüllte Schuldzuweisungen als gesicherte Erkenntnisse zu der Katastrophe, bei der 298 Menschen umgebracht wurden. Am Dienstag war es dem internationalen Expertenteam bereits zum dritten Mal nicht möglich, zu jenen Orten vorzudringen, an denen Trümmer des Malaysia Airline Fluges MH17 und noch immer Opfer des Verbrechens liegen.
Der niederländische Premierminister Mark Rutte hat deshalb die ukrainischen Behörden aufgerufen, die Militäroperationen in der Nähe der Absturzstelle auszusetzen. Bei einem Telefongespräch soll der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko auch versprochen haben, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Dabei muss er nur zu seinen eigenem Zusagen stehen. Vor einer Woche sagte er: »Ich habe befohlen, im Umkreis von 40 Kilometern um den Absturzort keine Operationen durchzuführen und kein Feuer zu eröffnen.«
Statt dessen versucht Kiew neben territorialen Geländegewinnen auch eine mediale Offensive. Obwohl die Niederlande mit der Leitung der Untersuchungen beauftragt sind, trompete Kiew zu Wochenbeginn erste angeblich bei der Untersuchung des Flugschreibers gewonnene »Fakten«: »Der Grund für die Zerstörung und den Absturz des Flugzeuges war ein massiver explosionsartiger Druckabfall.« So weit, so richtig, so simpel. Doch schon der zweite Satz ist eine Lüge. Die Experten hätten diesen Druckabfall auf die Durchlöcherung der Flugzeugzelle »infolge einer Raketenexplosion« zurückgeführt. Eine derartige Aussage kann niemand einem Flugschreiber entlocken. Erst in Kombination mit den Daten des am 23. Juli ausgewerteten Voicerekorders, mit Materialuntersuchungen und vor allem durch die gerichtsmedizinische Untersuchung der Opfer lässt sich die Ursache des Absturzes möglicherweise klären. Die geborgenen Leichen und Leichenteile werden zurzeit in einer niederländischen Kaserne bei Hilversum obduziert. Selbst wenn alle Erkenntnisse auf eine Ursache weisen, ist die Frage nach der Täterschaft nicht eindeutig beantwortet.
Der Absturz von Flug MH17 werde »beispiellose Auswirkungen auf die Luftfahrtindustrie« haben, sagte der kaufmännische Leiter von Malaysia Airlines, Hugh Dunleavy. Die Beurteilung der Sicherheit von Flugrouten dürfe nicht länger im Ermessen und der Verantwortung der Airlines liegen. Seit Dienstag beraten im kanadischen Montreal Spitzenleute der Zivilluftfahrtorganisation ICAO darüber, wie sich mögliche Risiken für die Zivilluftfahrt, die von Konfliktgebieten ausgehen, vermindern lassen.
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