Gauck antwortet empörten Ost-Pfarrern
Debatte um Auslandseinsätze der Bundeswehr: Bundespräsident bestreitet, dass »der vom Evangelium gewiesene Weg ausschließlich der Pazifismus sei«
»Germans to the front!« Seit einiger Zeit versucht Bundespräsident Joachim Gauck, die Deutschen auf mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr einzustimmen. So etwa in seiner Eröffnungsrede auf der Münchner Sicherheitskonferenz Ende Januar. Bei einem möglichen Einsatz der Bundeswehr dürfe Deutschland »weder aus Prinzip ›nein‹ noch reflexhaft ›ja‹ sagen«. Im »Deutschlandfunk« betonte der ehemalige Pfarrer jüngst, dass die Bundesrepublik »an der Seite der Unterdrückten« stehe. »In diesem Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen«, so Gauck.
Sein Vor-Vorgänger im Amt, Horst Köhler, war Ökonom und kein Theologe. Dessen Plädoyers für eine Militarisierung der Außenpolitik kamen ohne humanistisches Pathos aus. In einem Gespräch mit dem »Deutschlandfunk« betonte er 2010, dass bewaffnete Interventionen für eine Exportnation wie Deutschland notwendig seien, »um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handels- wege ...«.
Menschenrechte oder Handelswege: Vielen ehemaligen Weggefährten passt der Bellizismus Gaucks nicht. In einem Protestbrief kritisierten 67 ostdeutsche Pfarrer vor Kurzem die Abkehr des Bundespräsidenten von christlichen Friedensidealen. Die Initiatoren des Schreibens, Klaus Galley und Siegfried Menthel, bezogen sich dabei auf das Abschlussdokument der Ökumenischen Versammlung der DDR-Kirchen von 1989. Darin heißt es: »Im Verzicht auf militärische Gewalt als Mittel der Politik sehen wir einen notwendigen Schritt zur Schaffung einer europäischen und weltweiten Friedensordnung«.
Offenbar wollte Gauck die Kritik nicht unwidersprochen lassen. Am Freitag wurde bekannt, dass mittlerweile ein Antwortschreiben des Staatsoberhauptes vorliegt. Wie wichtig ihm dieser theologische Disput ist, zeigt der Umstand, dass nicht Gauck persönlich, sondern der Chef des Bundespräsidialamtes David Gill die Antwort verfasste. »Ohne Einsatz bewaffneter Kräfte« wäre »keine Befreiung von der Hitler-Diktatur möglich gewesen«, heißt es in dem Brief, aus dem die »Berliner Zeitung« zitierte. Er könne nicht erkennen, so Gauck bzw. Gill weiter, dass »der vom Evangelium gewiesene Weg ausschließlich der Pazifismus sei«.
Bei den Initiatoren des Protestbriefs fand Gaucks Schreiben unterschiedliche Resonanz. Der Theologe Siegfried Menthel zeigte sich gegenüber »Zeit Online« enttäuscht: »Gauck liefert nur erneut die Begründung, warum er Krieg als Ultima Ratio für legitim hält«. Hingegen sagte Pfarrer Klaus Galley der »Mitteldeutschen Zeitung«, er finde es bemerkenswert, »dass wir eine so ausführliche Antwort bekommen haben«.
Einer hat jedoch endgültig genug: Der DDR-Bürgerrechtler und Pazifist Georg Meusel kündigte am Freitag an, aus Protest gegen Gaucks Äußerungen sein Bundesverdienstkreuz zurückzugeben.
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