Nicht zu früh jubeln
Silvia Ottow über die geplante bezahlte Auszeit zur Organisation von Pflege
Zunächst: Eine zehntägige bezahlte Freistellung von Menschen, die Betreuung für einen pflegebedürftigen Angehörigen oder Freund organisieren, ist mehr als sinnvoll. Jeder, der sich nur einmal mit Pflege- und Krankenkasse auseinandersetzen musste, um das zu tun, weiß um die Dimension der Aufgabe. Zehn Tage reichen dafür eigentlich nicht, aber sie sind zweifellos eine gute Basis. Käme dieses Gesetz, wäre Jubeln angesagt. Doch es gibt einen Knackpunkt.
Bereits vor sechs Jahren wurde lange über dieses Thema debattiert - damals stand auch eine Pflegereform an, es regierte wie heute eine Große Koalition, die Bundesgesundheitsministerin war eine Sozialdemokratin. Dennoch gelang es nicht, die Auszeit zur Pflegereform finanziell auszustatten, nicht einmal auf einen Rechtsanspruch konnte man sich einigen. Ergo war das Ganze kaum ein Thema. Nur wer es sich leisten konnte und wem es gestattet wurde, der griff darauf zurück. Dabei werden die Gesetze und Regelungen mit jeder Reform unübersichtlicher und viele Leistungen werden nicht in Anspruch genommen, weil die Betreffenden sie nicht kennen. Skepsis gegenüber den Chancen einer solchen Absicht, die wunderlicherweise zwischen zwei Pflegereformschritten laut wird, als hätte man sie nur vergessen zu erwähnen, ist wohl angebracht.
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