Protestcamp stört Transport von Atommüll
Umweltschützer-Zeltlager am Nord-Ostsee-Kanal
Kiel. Mehr als 100 Umweltschützer sind am Wochenende in einem Anti-Atom-Camp am Nord-Ostsee-Kanal bei Kiel zusammengekommen. Einen ersten Erfolg konnten die Aktivisten bereits feiern: Das mutmaßlich mit Nuklearmaterial beladene Frachtschiff »Sheksna« aus St. Petersburg fuhr nicht wie geplant durch den Kanal, sondern nahm den weitaus längeren Weg um Dänemark herum nach Hamburg.
Eine Woche lang wollen die aus mehreren europäischen Ländern angereisten Atomkraftgegner in dem Zeltlager diskutieren, wie der internationale Widerstand gegen Atomanlagen und -transporte besser vernetzt werden kann. Geplant sind Veranstaltungen zur militärischen Seite der Urananreicherung, zu Konflikten in den Abbaugebieten, zum Anti-Atom-Protest in Indien oder zu Themen wie Kohleverstromung und Fracking.
»Die Atomindustrie operiert seit Jahrzehnten international vernetzt«, sagte die Aktivistin Hana Poddig. »Wenn wir sie stoppen wollen, müssen soziale Bewegungen ebenfalls international agieren.« Sommercamps von Anti-Atom-Gruppen haben schon Tradition. Jahrelang zelteten Atomkraftgegner im Wendland, 2013 gab es ein Camp im Münsterland nahe des Zwischenlagers Ahaus und der Urananreicherungsanlage Gronau.
In diesem Jahr wollen die Umweltschützer am Nord-Ostsee-Kanal darauf hinweisen, dass diese Wasserstraße häufig für Schiffstransporte mit radioaktiver Fracht genutzt wird. Nach Informationen der Kieler Anti-Atom-Bürgerinitiative gibt es solche Fuhren einmal wöchentlich. Auch die »Sheksna« hat bereits mehrfach atomares Material durch den Kanal nach Hamburg befördert, zuletzt Anfang Juli Urankonzentrat aus Kasachstan. Die Sicherheitsvorkehrungen an Bord waren zumindest damals mangelhaft: Rund die Hälfte der Container wurde bei der Kontrolle im Hamburger Hafen beanstandet, etwa weil Gefahrgutkennzeichnungen fehlten oder die Transportgenehmigungen abgelaufen waren.
Die Atomkraftgegner sind sich »so gut wie sicher«, dass die »Sheksna« auch dieses Mal atomare Stoffe an Bord hat und die Besatzung aus Angst vor Protesten den mehrere hundert Kilometer langen Umweg wählte. »Es ist ja schön, dass direkt auf uns reagiert wird«, kommentierte Camp-Aktivist Thorge das Ausweichmanöver. »Eine echte Lösung ist jedoch nur der Stopp der Transporte.« nd/RP
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