LINKE fordert Bündnis für Mieten
Lichtenberger Fraktion punktet mit Sozialpolitik gegen rot-schwarz-grüne Zählgemeinschaft
Fraktionssitzungen eilt nicht unbedingt der Ruf voraus, der Unterhaltung zu dienen. Und dennoch fasst der Raum der Kultschule an der Lichtenberger Sewanstraße an diesem Montagabend kaum alle Interessierten, die zuhören und mitreden wollen, während die Fraktion der Linkspartei öffentlich tagt. In der Hauptsache geht es um die Ergebnisse der Abstimmungen zum Bürgerhaushalt, bei der Maßnahmen zum Erhalt dieses Kultur- und Stadtteilzentrums von den Lichtenbergern auf den ersten Platz gewählt wurden.
Die Situation der Kultschule ist schwierig. Nicht nur, dass Maßnahmen zur baulichen Sanierung des in die Jahre gekommenen ehemaligen Schulgebäudes immer dringlicher werden, zu alledem ist der bisherige Betreiberverein abgesprungen. »Viele Herzen hängen an der Kultschule«, sagt Koordinatorin Sabrina Herrmann. Zumal die soziale Situation in dem Gebiet sich im berlinweiten Vergleich weiter verschlechtert hat, stabilisierende Maßnahmen wie eben Bürgerarbeit umso wichtiger werden.
Der zuständige Baustadtrat Andreas Prüfer (LINKE) berichtet über die vielen Hürden, die noch genommen werden müssen, um die Einrichtung dauerhaft auf sichere Füße zu stellen und die bisherigen Anstrengungen. Da geht es um mögliche neue Träger und auch Zuwendungstöpfe. »Es geht um die ernsthafte politische Idee, das hier langfristig zu einem generationenübergreifenden Zentrum zu machen«, sagt er. Sowohl der 2005 unter der damaligen Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (LINKE) eingeführte Bürgerhaushalt als auch soziale Politik sind Herzensthemen der Fraktion, die sich in dieser Frage treffen.
Seit der Wahl 2011, als eine Zählgemeinschaft von SPD, CDU und Grünen Emmrich an der Rathausspitze ablöste, ist die Situation für die Lichtenberger LINKE jedoch komplizierter geworden. »Wir haben uns da inzwischen ganz gut hineingefunden, auch wenn es erst einmal ein Lernprozess war«, sagt der Fraktionsvorsitzende der Sozialisten, Michael Grunst. Er beklagt einen »Kulturbruch«, den es unter Bürgermeister Andreas Geisel (SPD) gab.
Aufmerksamkeit über den Bezirk hinaus erlangten vor allem die heftigen Auseinandersetzungen zur Finanzierung von Jugendfreizeitheimen und Erziehungshilfen. Die zuständige Stadträtin Sandra Obermeyer (parteilos, für LINKE) ließ nicht locker, Bürgermeister und Finanzstadtrat Geisel reagierte mit teilweisen Haushaltssperren. »Am Ende haben wir uns durchgesetzt, der Bürgermeister hat alles zurückgenommen«, berichtet Grunst.
»Bei der Jugendarbeit merkt man zuerst, wenn es soziale Verwerfungen gibt«, sagt Grunst. Doch die Zählgemeinschaft habe ganz andere Zielsetzungen als die LINKE. Auch in der Wohnungs- und Baupolitik, zu der die LINKE bei der ersten Sitzung der Bezirksverordnetensammlung nach der Sommerpause Ende August eine Große Anfrage einbringen wird. Es geht um eine Zwischenbilanz des 2012 von Bezirk und privaten und öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften vereinbarten »Bündnisses für Wohnen«.
Wie es dabei aussehe mit den zugesicherten zehn Prozent Anteil der Wohnungen mit für Hartz IV-Bezieher leistbaren Mieten oder inwieweit das Bezirksamt die Überlassung von Grundstücken für Neubauvorhaben unterstützt, um möglichst geringe Mieten zu erzielen, sind einige der Fragen.
»Die Wohnungsbaugesellschaft Howoge nutzt jede Möglichkeit zu Mieterhöhungen, beim Bündnis sind Anbieter dabei, die Quadratmetermieten von 15 Euro warm haben wollen«, zählt Grunst einige Kritikpunkte der LINKEN am Programm auf. Es brauche vielmehr ein Bündnis für Mieten, fordert die Linkspartei.
Bezirksbürgermeister Geisel habe einen »sehr eingeschränkten, mittelschichtsorientierten Blick«. So konnte sich die LINKE in den Haushaltsberatungen mit ihrer Forderung nicht durchsetzen, 100 000 Euro für eine unabhängige Mieterberatung einzustellen, die in den Stadtteilzentren hätte stattfinden können. Grunst vermisst bei den Stadträten von SPD und CDU überdies klare Gestaltungskonzepte bei der Schulentwicklung, der Frage der bezirklichen Personalausstattung und eben den Mieten. »In unseren Ressorts haben wir unsere Hausaufgaben gemacht«, sagt er.
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