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»Ich hoffe auf mehr Konkurrenz«

Kugelstoßsieger Storl kämpft mit seiner Überlegenheit

  • Christoph Leuchtenberg und Kristof Stühm, Zürich
  • Lesedauer: 3 Min.
Kugelstoßer David Storl hat sich bei den Europameisterschaften in Zürich den nächsten großen Titel abgeholt. Doch Freude kam bei ihm nur bedingt auf - seine Überlegenheit wird für ihn zum Problem.

David Storl lächelte gelassen. Nach der weiteren Kostprobe seiner gnadenlosen Dominanz fiel selbst dem prominentesten Gegner nur noch ein alberner Kalauer ein. Ob der alte und neue Kugelstoß-Europameister mittlerweile »untouchable«, also unantastbar sei, wurde Olympiasieger Tomasz Majewski nach Storls EM-Triumph in Zürich gefragt. Der Pole fuhr seine riesige Pranke aus und stupste den neben ihm sitzenden Storl mit dem Finger an. »Nö. Ich zumindest kann ihn noch berühren«, meinte der Hüne lachend.

Storl schmunzelte nur, der 24 Jahre alte Chemnitzer ist sich seiner Ausnahmestellung bewusst. Doch diese sorgt für ein Dilemma: Sobald Storl bei einem großen Auftritt »nur« der Sieg gelingt, nicht aber die erwartete außergewöhnliche Weite, muss sich der Ausnahmeathlet schon rechtfertigen.

Als die Frage aufkam, ob er enttäuscht sei, dass er den Titel mit für ihn bescheidenen 21,41 m eingefahren habe, sah sich Storl zur Klarstellung veranlasst: »Enttäuschung? Ich freue mich zunächst sehr über den Titel. Europameister ist schließlich keine Kleinigkeit«, sagte der Sachse, der als erster Kugelstoßer je zweimal Gold bei Weltmeisterschaften und Europameisterschaften gewonnen hat.

Verhehlen konnte Storl jedoch nicht, dass ihm der Wettkampfabend in Zürich missfallen hat. »Mit Verlauf und Ergebnis kann ich nicht zufrieden sein, habe mich tierisch geärgert«, sagte Storl, der haushoch vor dem Spanier Borja Vivas (20,86) und Majewski (20,83) gewann, dabei aber kaum einen sauberen Stoß zeigte.

»Es macht den Wettkampf nicht einfacher, wenn sämtliche Konkurrenten quasi schon nach dem ersten Durchgang gratulieren«, sagte Storl und formulierte daher als aufrichtigen Herzenswunsch, »dass bei der nächsten EM wieder ein wenig mehr Konkurrenz da ist«.

Nach dem Auftaktstoß mit der Siegesweite wollte Storl mit Gewalt die ersehnten 22 Meter angehen, die Technik wurde mies, prompt meldete sich das lädierte Knie. »Schon nach dem zweiten Versuch tat’s wieder weh«, sagte Storl, und Coach Sven Lang schimpfte auf der Tribüne: »So geht es doch einfach nicht.«

Die Lehren aus dem EM-Auftritt? »Wegen der 22 Meter werde ich mir nicht mehr so viel Stress machen, die kommen irgendwann schon«, meinte Storl. Und mit Saisonende wird er sich unters Messer legen, das lästige Patellaspitzensyndrom operativ behandeln lassen. »Vielleicht gibt mir das schon im Winter die Möglichkeit, etwas draufzupacken«, sagte der Europameister.

Der Ausnahmeathlet hat noch lange nicht genug, formulierte am Morgen nach seinem vierten großen Titel große Ziele: »Ich möchte Hallenweltmeister werden, habe dann jede WM ab den Junioren gewonnen. Olympia 2016 ist natürlich das große Ziel. Und 2015 gibt es in Peking ja auch noch eine Weltmeisterschaft. Motivationsprobleme werde ich keine haben.«

Und für die überschaubar gewordene Konkurrenz gab es noch eine kleine Drohung des »Unantastbaren«: »Ich will so lange stoßen, wie es auf hohem Niveau geht. Ich bin 24 - da kann ich vielleicht noch zehn Jahre dabei bleiben.« SID

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