Verraten und verkauft
MEINE SICHT
»Nicht zuletzt die Ereignisse rund um den Oranienplatz haben deutlich gemacht, dass es beim Thema Flüchtlingspolitik um mehr geht als um die Bereitstellung von Wohnraum oder die Auszahlung von Mitteln zum Lebensunterhalt. Es geht auch um eine grundsätzliche Haltung - und um die Frage, ob wir in der Stadt zum gemeinsamen solidarischen Handeln bereit und in der Lage sind.« Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in einer Regierungserklärung am 10. April 2014 zur Flüchtlingspolitik der Stadt im Berliner Abgeordnetenhaus.
Vier Monate später, am 25. August droht der Flüchtlingsaktivist Bashir auf dem Kreuzberger Oranienplatz, sich aus Verzweiflung anzuzünden. Nur wenige Stunden vorher erfuhr der Nigerianer, dass die ersten 108 Flüchtlinge, die mit dem Senat eine Vereinbarung über die Prüfung ihrer Asylverfahren abgeschlossen hatten, kurzfristig aus ihren Unterkünften ausziehen müssen - darunter auch Bashir selbst.
Zur Erinnerung: Er war einer derjenigen, die im Camp maßgeblich für die Annahme der Senatsvereinbarung geworben hatten. Dieses Vertrauen in die Politik wurde in den letzten Monaten schwer belastet, am Montag dürfte es mit der Ablehnung und dem angekündigten Rauswurf endgültig zerbrochen sein. Opposition und Initiativen warnten den Senat immer wieder, die Flüchtlinge nicht hinzuhalten, sondern ernsthaft an einer Lösung zu arbeiten. Bis heute gab es aber vor allem Lippenbekenntnisse. Wenn sich der Protest jetzt radikalisiert, darf im Senat niemand so tun, als hätte es keine andere Optionen als den Rauswurf aus Berlin gegeben.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.