FC Bayern will das Spitzentrio sprengen
Auch mit Beginn der 25. Bundesliga-Spielzeit kämpfen die Fußballerinnen der weltweit besten Liga um Aufmerksamkeit
Vor 25 Jahren konnte die Verantwortlichen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) erst eine bedeutende internationaler Trophäe überzeugen. Nachdem die DFB-Fußballerinnen im eigenen Land den Europameistertitel gewonnen hatten, beschloss der Verband auf seinem Bundestag 1989 in Trier die Einführung der Frauen-Bundesliga. Die Pläne dafür lagen schon seit 1986 in den Schubladen.
Auch heute noch muss der Frauenfußball sehr um Aufmerksamkeit kämpfen. Der Saisonstart in der ersten Liga am Wochenende war dem Fachmagazin »kicker« in seiner aktuellen, 47-seitigen Ausgabe ganze 19 Zeilen wert. Im Mai 2012 schaffte es eine simple Transfermeldung aus der Frauen-Bundesliga zum immer noch meistgelesensten Artikel der Internetseite »Reviersport«. Ein Irrtum? Ja, er steckte im Nachnamen. Hinter der Schlagzeile »Nach Pokalfinale: Bayern München verpflichtet Lewandowski« versteckte sich nicht etwa der Wechsel des damaligen Dortmunder Stürmers Robert Lewandowski an die Isar, sondern der Transfer von Gina Lewandowski vom 1. FFC Frankfurt zum FC Bayern. »Reviersport« sagt in einem eigenen Artikel trotzdem »Danke Gina«, erklärte darin aber auch freimütig, dass die Aufrufzahlen von Nachrichten aus der Frauen-Bundesliga nicht mal im Ansatz an die von exklusiven Geschichten aus der Kreisliga der Männer heranreichten.
Und auch heute noch sind die ganz großen Erfolge der Motor für die Weiterentwicklung im Frauenfußball. Zuletzt gab es davon einige. Die U20-Auswahl des DFB wurde Weltmeister, die A-Nationalmannschaft im vergangenen Jahr Europameister. Wolfsburg verteidigte den Titel in der Champions League, mit Nilla Fischer, Nadine Keßler und Martina Müller machten drei Spielerinnen des VfL am Donnerstagabend bei der UEFA-Wahl in Nyon den Titel »Europas Fußballerin des Jahres« unter sich aus.
Beim DFB ist man mit dem bislang Erreichten zufrieden, die Aufmerksamkeit ist spürbar gestiegen, Zulauf gibt es auf vielen Ebenen. Mehr als eine Million Fußballerinnen gibt es mittlerweile in Deutschland. Seit der vergangenen Saison überträgt der Fernsehsender »Eurosport« jeden Spieltag eine Partie live - durchschnittlich saßen dabei 140 000 Zuschauer vor den Bildschirmen. Der Zuschauerschnitt in den Bundesligastadien von 1185 in der vergangenen Saison war eine neue Bestmarke. Und zu dieser Spielzeit konnte der DFB erstmals in seiner 114-jährigen Geschichte mit dem Versicherungsriesen »Allianz« einen Ligasponsor präsentieren. In der 3. Liga der Männer beispielsweise sucht er immer noch vergeblich nach einem Geldgeber. Das gestiegene Interesse macht sich auch bezahlt: Jeder der zwölf Bundesligavereine konnte seinen Etat um 280 000 Euro aufstocken: 180 000 Fernsehgeld - der Vertrag mit »Eurosport« läuft noch bis 2016 - und 100 000 Sponsorengeld, die die »Allianz« sogar bis 2019 garantiert.
Karin Danner freut diese Entwicklung naturgemäß auch. Die 55-Jährige ist Managerin der Frauenfußballabteilung des FC Bayern München. Neben den vielen Erfolgen des deutschen Fußballs ist für Danner die gewachsene Ausgeglichenheit der Bundesliga dafür mitverantwortlich: »Wenn der Sieger uninteressant ist, dann entwickelt sich nichts weiter.« Zwölf Jahre lang gab es nur zwei Meister, den 1. FFC Frankfurt und Turbine Potsdam. Anfang der Nullerjahre hatten die Frankfurterinnen sogar noch auf Potsdam bis zu 14 Punkte Vorsprung. Turbine wurde dann erstmals 2004 Meister. Beide aber hatten das Abonnement auf die internationalen Startplätze. Spannender wurde es, als »VW investierte und Wolfsburg mit aller Macht nach oben gebracht hat«, blickt Danner zurück. Die letzten zwei Titel gingen an den VfL. Das mitreißende Finale am letzten Spieltag der vergangenen Saison zwischen Wolfsburg und Frankfurt, in dem sich der VfL durch den späten 2:1-Siegtreffer erneut den Titel gesichert hat, verfolgten 12 464 Zuschauer - Bundesligarekord.
In dieser Saison soll es ein Vierkampf um die Meisterschaft werden. »Wir wollen jetzt nicht mehr um den vierten Platz spielen. Wir wollen versuchen, das Spitzentrio zu sprengen«, sagt Danner im Gespräch mit »nd« Wolfsburg, Frankfurt und Potsdam den Kampf an. Zehn Spielerinnen haben München verlassen, acht neue hat der FC Bayern verpflichtet. »Bis jetzt«, sagt Danner. Im Sommer wird voraussichtlich keine neue Spielerin mehr kommen. Das Hauptproblem nach dem großen Umbruch sei jetzt erst mal, »ein Team zu formen«. Aber in der Winterpause könne sich Danner durchaus vorstellen, qualitativ noch mal nachzulegen. Überzeugt ist die Managerin aber auch schon vom aktuellen Team. »Jede Neuverpflichtung ist für uns auf jeder Position eine Verstärkung gegenüber dem Kader der vergangenen Saison«, so Danner.
Die Münchner greifen jetzt also auch im Frauenfußball an. Das hätten sie schon früher tun können, behauptet zumindest Karin Danner: »Mal ehrlich, wenn der FC Bayern gewollt hätte, wären wir schon längst Deutscher Meister.« Der größte Erfolg bislang ist der Sieg im DFB-Pokal 2012, in der Liga war es 2009 Rang zwei. Zuletzt waren es nur die Plätze vier, fünf und sechs. Aber auch hier mussten die Verantwortlichen erst überzeugt werden - die Fußballerinnen gehören zur Lizenzspielerabteilung der FC Bayern München AG. Scheinbar hat es funktioniert. »Das Interesse ist da, sie nehmen uns jetzt mehr mit als zuvor«, berichtet Danner. In diesem Jahr waren die Fußballerinnen erstmals bei der offiziellen Saisonpräsentation des gesamten Klubs dabei.
Einen nicht unwesentlichen Anteil daran hat der Ligasponsor, dessen Schriftzug auch auf dem Trikot der Münchnerinnen prangt. »Dass sich solch ein großer Partner wie die Allianz für die Frauen ausgesprochen hat, hat im Verein ein Zeichen gesetzt«, erzählt Danner. Sie ist zufrieden. »Wir partizipieren von den ganzen Strukturen im Verein natürlich enorm«, sagt die Managerin und nennt als Beispiele das Nachwuchsleistungszentrum, die Möglichkeiten der sportmedizinischen Betreuung und die Trainingsbedingungen. Diese Bedingungen gelte es nun, zu nutzen und »die gesamte Frauenfußballabteilung des FC Bayern weiterzuentwickeln«. Die zweite Mannschaft der Münchnerinnen spielt immerhin in der zweiten Liga, die B-Juniorinnen sind zuletzt zweimal hintereinander Deutscher Meister geworden.
Wegen der guten Voraussetzungen sieht Siegfried Dietrich in solchen Modellen wie beim FC Bayern oder in Wolfsburg die Zukunft des Frauenfußballs. »Zwei Marken unter einem Dach, so wie es der VfL Wolfsburg beispielhaft vorlebt«, lobt der 57-Jährige die Konkurrenz. Dietrich hat den 1. FFC Frankfurt seit der Gründung 1998 als Manager zu einem der bestimmenden Vereine im Frauenfußball aufgebaut: Sechzehn nationale und drei internationale Titel wurden erspielt. Die letzte Meisterschaft allerdings konnte 2008 gewonnen werden. Am ersten Spieltag kommt es am Sonntag gleich zum Duell mit der Zukunft: Der 1. FFC Frankfurt muss beim FC Bayern München antreten.
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