Warnstreik der Lokführer zeigt Wirkung

Bahnsprecher: Nah- und Fernverkehrs überwiegend zum Erliegen gekommen / Gewerkschaft denkt über Urabstimmung nach - kommen weitere Streiks? / DGB wirft GDL aggressiven Konfliktkurs vor

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Update 9.30 Uhr: Der dreistündige Warnstreik der Lokführer der Deutschen Bahn hat den Bahnverkehr in Hessen und Rheinland-Pfalz massiv gestört. Vor allem am Knotenpunkt Frankfurt warteten am Morgen Tausende auf ihren Zug. »In Frankfurt fallen rund 60 Prozent der S-Bahnen und jeder zweite Regionalzug aus«, sagte der Frankfurter Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Karl de Andrade-Huber. Die Situation wird sich so schnell nicht bessern, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn in Frankfurt: »Reisende müssen den ganzen Samstag mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen.« Die Bahnhöfe seien zum Teil zugestellt mit Zügen. Es werde eine Weile dauern, bis sich die Lage entspannt.

Update 9.10 Uhr: in bundesweiter Warnstreik der Lokführer ist am Samstagmorgen nach drei Stunden beendet worden. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte zu der Arbeitsniederlegung im laufenden Tarifkonflikt mit der Bahn aufgerufen. Der Ausstand führte zwischen 6.00 und 9.00 Uhr zu zahlreichen Zugausfällen und langen Verspätungen. Wie die Bahn mitteilte, lagen die Schwerpunkte des Streiks im Norden Deutschlands, in Berlin, in der Region Leipzig sowie punktuell in Nordrhein-Westfalen und Bayern. Bei der Berliner S-Bahn fuhren am Morgen nach Angaben des Betreibers auf den meisten Linien nur noch einzelne Züge.

Update 8.40 Uhr: Auch in Bayern sind zahlreiche Regional- und Fernzüge ausgefallen, sagte ein DB-Sprecher. Zudem fuhren nach Bahn-Angaben etwa 20 Prozent der Münchner S-Bahnen nicht. Es könne bis in den frühen Nachmittag hinein dauern, bis sich der Regionalverkehr normalisiere. Im Fernverkehr sei den ganzen Tag über mit Störungen zu rechnen. Am Münchner Hauptbahnhof bildeten sich Schlangen an den Schaltern, vor allem Urlaubsreisende waren hier betroffen. In Nürnberg stand die S-Bahn auf der Linie S1 am Morgen rund eine Stunde lang still, fuhr dann aber wieder. Auch auf anderen Linien kam es zu Verzögerungen.

Warnstreik der Lokführer: Züge stehen still

Berlin. Die Lokführer der Deutschen Bahn sind am Samstagmorgen in einen dreistündigen Warnstreik getreten. Der Ausstand sollte bis 9 Uhr andauern. Betroffen sind Regional- und Fernzüge, die S-Bahnen in Berlin und Hamburg sowie der Güterverkehr. Es stehe alles, sagte der stellvertretende Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft für Mitteldeutschland, Manfred Ohme. 100 Prozent der in der GDL organisierten Kollegen beteiligten sich hier an dem Warnstreik. Ein Bahnsprecher sagte am Samstagmorgen, der überwiegende Teil des Nah- und Fernverkehrs sei zum Erliegen gekommen. Nur vereinzelt führen Züge. »Schwerpunkte des Arbeitskampfes liegen vor allem im Norden, in Berlin, in der Region Leipzig und punktuell in Nordrhein-Westfalen und in Bayern. Im Fernverkehr sind die Auswirkungen bundesweit zu spüren«, so der Bahnkonzern. »Die Folgen der Streikaktionen werden auch nach Streikende um 9 Uhr zu spüren sein, da abgestellte Züge erst wieder in den Betriebsablauf integriert werden müssen.«

Die GDL will ein besseres Tarifangebot von der Bahn erzwingen. Die Gewerkschaft verlangt fünf Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Sie erhebt ihre Forderungen auch für Zugbegleiter und andere Beschäftigte in den Zügen. »Die DB AG weigert sich beharrlich, über unsere Forderungen zu verhandeln. Stattdessen versucht sie, uns über eine sogenannte Kooperationsvereinbarung zugunsten ihrer Hausgewerkschaft EVG zu entmachten. Damit lässt uns der Arbeitgeber keine andere Wahl, als den Druck mit einem weiteren Arbeitskampf zu erhöhen«, so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky.

Bahnkunden müssen nach einem Bericht des Magazins »Focus« in den nächsten Wochen mit unbefristeten Streiks rechnen. Die GDL werde voraussichtlich diese Woche entscheiden, eine Urabstimmung über reguläre Streiks abzuhalten. GDL-Sprecher Stefan Mousiol sagte demnach: »Eine Urabstimmung wird zeitnah durchgeführt.«

Die Bahn kündigte an, in den Zügen und auf Bahnhöfen mehrere Hundert Mitarbeiter zur Verstärkung einzusetzen, vor allem beim Service-Personal, den Betriebszentralen und Transportleitungen und bei der Reisendeninformation. Bereits am Montag hatte ein Warnstreik die Fahrpläne durcheinandergewirbelt.

Derweil sorgt der Bahnstreik für Streit im Gewerkschaftslager. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, hat nach einem Bericht der »Süddeutschen Zeitung« den Chef des Beamtenbundes, Klaus Dauderstädt, aufgefordert, auf die Lokführergewerkschaft GDL im Tarifstreit bei der Bahn einzuwirken. Dies gehe aus einem Schreiben Hoffmanns hervor, das der Zeitung vorliege. Hoffmann spreche in seinem Brief von einem »Imageschaden« für die Gewerkschaften und kritisiere: »Der aggressive Abgrenzungs- und Konfliktkurs der GDL ist (...) nicht vereinbar mit einer solidarischen Interessenvertretung aller Arbeitnehmer.« Die GDL verweigere sich allen Kooperationsangeboten der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG und wolle »ohne Rücksicht auf öffentliche Ansehensverluste der deutschen Gewerkschaften in ihrer Gesamtheit die eigene Einflusssphäre ausbauen«.

Die GDL ist Mitglied im Beamtenbund, die EVG gehört zum DGB. GDL und EVG konkurrieren bei der Bahn. Die GDL verhandelte bislang für die 20.000 Lokführer, die EVG für die übrigen 140.000 Bahn-Mitarbeiter. Die Lokomotivführer-Gewerkschaft will dies künftig auch für die 17.000 Zugbegleiter und Rangierführer übernehmen, die EVG will für die gesamte Bahn-Belegschaft zuständig sein. Agenturen/nd

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