Europameister der Arbeit
Grit Gernhardt findet, dass mehr Überstunden kein Qualitätsmerkmal sind
Offiziell gibt es in Deutschland knapp drei Millionen Arbeitslose, ohne die »statistischen Korrekturen« des Bundes sind es noch weit mehr. Gleichzeitig arbeiten jene, die einen Job ergattert haben, mehr, als sie müssten. Mit zweifelhaftem Erfolg: Laut EU-Kommission sind die Deutschen inzwischen Europameister im Leisten von Überstunden. Durchschnittlich drei Stunden mehr als tarifvertraglich vereinbart verbringt jeder Arbeitnehmer pro Woche in Büro, Fabrik oder Geschäft. Dabei werden wohl kaum alle diese Zusatzstunden völlig freiwillig geleistet: Fast die Hälfte der Angestellten und Arbeiter fürchtet nämlich, dass berufliche Belastung auf Dauer krank macht.
Dass Mehrarbeit dennoch die Regel ist, lässt sich vor diesem Hintergrund nur mit zunehmendem Druck von Seiten vieler Arbeitgeber erklären. Die verlangen Mitarbeitern die letzte Energie ab, damit sie nur ja keine neuen Stellen schaffen müssen. Auch Mails nach Feierabend gehören zum Standard und verlängern die Arbeitszeit - unentdeckt von jeder Statistik - noch weiter.
Die Antwort auf diese Entwicklung kann nur Arbeitszeitverkürzung lauten. Wer mehr Flexibilität fordert, muss einsehen, dass jene keine Einbahnstraße ist. Auch weniger zu arbeiten muss eine Option sein. Die Arbeit lässt sich meist problemlos auf mehrere Stellen mit jeweils kürzerer Wochenarbeitszeit aufteilen. Davon hätten alle etwas - Arbeitnehmer und Arbeitslose.
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