Campact: Gabriel ist bei CETA eingeknickt
Offiziell will Bundesregierung ein paar Nachbesserungen / Bericht: Deutscher Vertreter bedankt sich bei EU-Kommission für das »positive« Ergebnis der Verhandlungen mit Kanada
Berlin. Offiziell pocht die Bundesregierung beim Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada in letzter Minute auf Korrekturen. Doch intern ist davon offenbar keine Rede mehr, der deutsche Vertreter im zuständigen EU-Ausschuss hat sich für das Verhandlungsergebnis bedankt. Der Vertrag gilt als Blaupause für das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte am Mittwoch im Bundestag: »Es ist meine Überzeugung (...), dass man für eine solche Verhandlung zwischen zwei entwickelten Rechtssystemen kein Investitionsschutzabkommen braucht.« Man gehe nicht »naiv und blauäugig« an die Abkommen heran. Es müsse aber auch die Chancen sehen: »Wir sind das exportstärkste Land Europas. Wer, wenn nicht wir, hat eigentlich Interesse an Freihandel?«
In einem vertraulichen Bericht der Regierung über eine Sitzung des handelspolitischen Ausschusses des EU-Parlaments geht es aber offenbar nur noch um kleinere Korrekturen. Beim umstrittenen Investorenschutz soll verhindert werden, dass ausländische Geldgeber die EU oder Mitgliedsstaaten auf Schadenersatz verklagen könnten, wenn es zu Sanierungen oder Abwicklungen von Banken sowie Schuldenschnitten kommt, berichtet die Deutsche Presse-Agentur in Berlin, der das Papier vorlag. Wie aus einem Bericht von tagschau.de hervorgeht, hat sich der Vertreter Deutschlands auf der Sitzung des handelspolitischen Ausschusses jedoch bei der Kommission für das »positive« Ergebnis der Verhandlungen mit Kanada bedankt. Im Protokoll der Sitzung tauche der sehr umstrittene Punkt Investitionsschutz zwar auf, »doch kritisiert werden die Sonderrechte für Investoren dort nicht. Kein Wort der grundsätzlichen Kritik an diesem Punkt«, so tagesschau.de.
Auch Verbraucherschützer kritisieren nun, dass vom kategorischen Nein von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zu Schutzklauseln für Investoren keine Rede mehr sei. Die Bürgerbewegung Campact sagte, die Bundesregierung wolle letztlich den Investorenschutz gar nicht verhindern. »Sigmar Gabriel hat sich vom Druck der Kommission zermürben lassen und kippt bei den Investor-Staats-Klagen um«, meinte Campact-Expertin Maritta Strasser.
Keine Lösung zeichne sich im Streit mit Brüssel ab, welchen rechtlichen Charakter das CETA-Abkommen hat, erklärt die Regierung. Davon hängt jedoch ab, ob Bundestag und die übrigen 27 EU-Parlamente dem Vertrag überhaupt zustimmen müssen. Gabriel und die Bundesländer pochen darauf. Bei einem sogenannten gemischten Abkommen wären sowohl die EU als auch die Mitgliedstaaten Vertragspartner der Kanadier.
Überraschend habe die EU-Kommission angekündigt, dass der CETA-Vertrag noch nicht einmal offiziell unterschrieben werden soll (Paraphierung). Der endgültige CETA-Abschluss solle beim EU-Kanada-Gipfel am 26. September in Ottawa lediglich per Erklärung verkündet werden.
Außerdem habe die Kommission deutlich gemacht, dass sie trotz massiver Einwände aus den EU-Staaten die Verhandlungen mit Kanada »nicht insgesamt wieder öffnen« will, heißt es im Regierungsbericht. Dann bestünde die Gefahr, dass auch Kanada über Kapitel neu reden wolle, in denen die EU »gute Ergebnisse« erzielt habe, etwa bei öffentlichen Beschaffungen oder im Pharmabereich. nd/Agenturen
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