Die Woche der Vorentscheidung

Zweite Runde in Sachsens Sondierungspoker

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Die CDU spricht weiter mit SPD und Grünen über die Bildung einer neuen Regierung in Sachsen. Ende der Woche fallen Vorentscheidungen.

Schwarz-Grün ist Geheimsache: Der Ort, an dem vorigen Donnerstag die Unterhändler von CDU und Grünen in Sachsen zu einem ersten Sondierungsgespräch über die Bildung einer Koalition zusammen kamen, blieb vertraulich; nur schriftlich wurde der Verlauf der etwa achtstündigen Unterredung später kommentiert. Dagegen ließen sich die Spitzen von CDU und SPD tags darauf vor dem Verhandlungslokal filmen; und auch Erklärungen gab es von den Generalsekretären zwar in entgegengesetzten Ecken des Treppenhauses in der CDU-Parteizentrale, aber in Hörweite und auf der gleichen Etage.

Schlussfolgerungen zu den jeweiligen Erfolgsaussichten der parallel laufenden Sondierungen lassen sich daraus indes ebenso wenig ableiten wie aus dem unterschiedlichen Tenor in den Kommentaren beider kleiner Parteien. Immerhin: Beobachter merkten an, dass Volkmar Zschocke, der Landeschef der Grünen, am Tag nach der Unterredung eher das Trennende als die Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt stellte. Bei Energiepolitik, Hochwasserschutz und dem Schulsystem lägen die Programme beider Parteien weit auseinander, erklärte er; auch das Handeln der CDU in der Vergangenheit sei mit den Zielen grüner Politik schwer vereinbar. In einer zweiten Gesprächsrunde sollen Kompromissmöglichkeiten ausgelotet werden. Die Partei könne sich, betonte ihr Vorsitzender, allerdings »nicht zum Preis von bisschen grüner Kosmetik oder irgendwelcher Alibizugeständnisse im Bereich der Energiewende verkaufen«.

Dagegen ließ SPD-Generalsekretär Dirk Panter kaum durchblicken, über welche Punkte sich die Genossen mit der CDU zunächst uneins blieben. Es gebe »den einen oder anderen Unterschied im Bereich Bildung«, räumte er nach gut sechsstündiger Unterredung immerhin ein – eine Aussage, die bei Kenntnis der Wahlprogramme als Allgemeinplatz gelten kann. Ansonsten sei man »bei vielen Punkten abschlussfähig«, betonte Panter. Der Teufel, fügte er hinzu, stecke bei vielen Fragen im Detail; Kennzeichen von Sondierungen ist indes, dass in eben diese Details nicht gegangen wird. Grundsätzlich seien die Unterredungen »gut und vertrauensvoll« gewesen, sagte der SPD-Mann. Sein CDU-Amtskollege Michael Kretschmer sagte, man sei mit der »Art und Weise der Gespräche sehr zufrieden«. Freilich war auch im Kommuniqué, das die CDU gemeinsam mit den Grünen veröffentlichte, erwartungsgemäß von einer »konstruktiven Atmosphäre« die Rede gewesen.

Derlei diplomatische Bekundungen dürften noch einmal zu hören sein, wenn es die zweiten Runden mit den Grünen am Mittwoch und mit der SPD am Donnerstag gibt – in diesem Fall als Heimspiel für die Genossen. Danach freilich muss zumindest eine Vorentscheidung fallen, mit welcher der Parteien die CDU tatsächlich in Gespräche über die Bildung einer Regierung treten will. Parallele Koalitionsverhandlungen, betonte die SPD, werde es mit ihr nicht geben. Im CDU-Landesvorstand wird man sich also entscheiden müssen.

Abgenommen werden könnte dem Wahlsieger die Entscheidung freilich am Samstag von den Grünen. Diese wollen auf einem Parteitag entscheiden, ob sie im Ergebnis der Sondierungen überhaupt in Koalitionsverhandlungen gehen wollen. Vorhersagen zum Ausgang sind schwierig. Ein mögliches Bündnis mit der CDU ist in der Partei heftig umstritten; dass im Wahlkampf breit über Schwarz-Grün spekuliert worden war, sahen Teile der Partei als einen Grund dafür, dass diese bei der Wahl am 31. August mit 5,7 Prozent weit unter ihren Erwartungen blieb. Co-Landeschefin Claudia Maicher hatte danach erklärt, in dem mageren Ergebnis keinen Regierungsauftrag für ihre Partei erkennen zu können. Die internen Debatten hatten die langjährige Fraktionschefin Antje Hermenau, eine Befürworterin von Schwarz-Grün, zum Verzicht auf den künftigen Vorsitz der Fraktion bewogen, über den morgen entschieden werden soll.

Zugleich aber war der Vorwurf geäußert worden, die Grünen würden im Moment der Entscheidung kneifen. Das zeitigte Wirkung: Der Parteirat sprach sich überraschend deutlich für Sondierungen aus – und berief Hermenau in die Verhandlungskommission. Das brachte die CDU in die komfortable Lage, zunächst zwei Eisen im Feuer zu haben. Ob es also zur zweiten Auflage von Schwarz-Rot im Freistaat oder zur schwarz-grünen Premiere kommt, bleibt offen.

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