Hohe Kunst der Schizophrenie
Roland Etzel zum Besuch des Emirs von Katar in Deutschland
Vielleicht bemerken sie es gar nicht mehr, unsere höchsten Vertreter, wie selbstverständlich und locker sie uns ihre Schizophrenie offerieren. Und sie können sich immer noch steigern. So gab es beim Besuch des katarischen Emirs in Berlin gewissermaßen eine Lehrvorführung in der Disziplin Bewusstseinsspaltung. Gerade war man zurückgekehrt aus Frankreich, wo mit entschlossener Geste erklärt wurde, der Terrortruppe »Islamischer Staat« jetzt mit geballter Kraft die Stirn zu bieten. Nur zwei Tage später flocht man nun mit jenen Golfpotentaten Freundschaftsbande, die nicht wenig, wenn nicht sogar hauptsächlich für den dschihadistischen Aufwuchs in Irak und Syrien verantwortlich sind.
Aber gewiss, wir sind da in guter schlechter Gesellschaft, gab es doch schon auf der Pariser Anti-IS-Konferenz am Montag nicht einen einzigen Repräsentanten aus dem Westen, der den anwesenden Kataris - oder auch Saudis - gesagt hätte, dass dies eigentlich als ein Gremium der Gärtner und nicht der Böcke einberufen worden sei.
Man darf vermuten, dass trotz harschen Protests der Opposition - selbst die SPD wartete mit einigen Bedenkenträgern auf - Emir Tamim bin Hamad mit Blick auf dessen mit Petrodollars prall gefüllte Taschen nicht einmal die leichte Kavallerie angedroht wurde. Berichtet wurde vielmehr von katarischen Milliardeninvestitionen in der deutschen Wirtschaft. Aber vielleicht gehört das ja zur in Paris verabredeten Austrocknung der Terrorquellen.
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