Ist sozial, was Mordwerkzeuge schafft?

Harald W. Jürgensonn über die Einkaufstour des Rüstungskonzerns Rheinmetall und den Wehrtechnik-Standort Deutschland

  • Harald W. Jürgensonn
  • Lesedauer: 3 Min.

Rheinmetall und ThyssenKrupp - zwei große Namen aus dem Bereich der deutschen Rüstungsindustrie. Rheinmetall hat nun Interesse an der U-Boot-Sparte der Kruppianer angemeldet, um in den Weltrangliste der Kriegsmittelindustrie schlagartig von Platz 30 in die Spitzengruppe der Top 15 aufzusteigen. Ein deutsches Unternehmen wieder ganz weit oben, wenn es darum geht, mit millionenfachem Sterben Geld zu verdienen. Der Tod ist und bleibt ein Meister aus Deutschland.

»Eine unverantwortliche Rüstungspolitik wird durch nichts gerechtfertigt - auch nicht durch den Erhalt von Arbeitsplätzen«, schwadroniert die SPD bei der »Initiative Hochschulen für den Frieden«. In der Realität klingt das anders: »Eine Konsolidierung der Branche hilft dem Wehrtechnik-Standort Deutschland«, sagt der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels wohl nicht nur in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Bundestagsverteidigungsausschusses. Schützenhilfe bekommt er durch den verteidigungspolitischen Sprecher seiner Fraktion, Rainer Arnold: »Sollte sich Rheinmetall breiter aufstellen wollen, würde ich das nur begrüßen.«

Die Düsseldorfer wollen angeblich mehr: Auch Produktbereiche des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus sollen auf ihrem Wunschzettel stehen. Atlas Elektronik und Optronics sind Spezialisten für Torpedos und Sonartechnik sowie Präzisionszubehör. Das passt gut zu U-Booten. Rheinmetall könnte durch die Zukäufe zu einer Art Toys’R’Us fürs Kriegerzimmer werden.

Krieg ist unsozial, das sollte für Linke eigentlich klar sein. Aber, halten Gewerkschafter dagegen, sozial sei, was Arbeit schafft. Deshalb sprachen sich im Juni dieses Jahres Betriebsratsvorsitzende von über 20 Firmen gegen Beschränkungen beim Rüstungsexport aus. Für den zweiten Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt, Bernhard Stiedl, ist der Bau von Kampfdrohnen gar ein »kleiner Lichtblick«: Ein europäisches Drohnenprogramm würde am Standort Manching 1500 Arbeitsplätze sichern, erklärte er. Dass eine Drohne viele Menschen töten kann - drauf gepfiffen. Nicht verwunderlich bei einem Mann, der schon 2010 die Kürzung des Verteidigungsetats kritisierte, da dadurch zigtausende Jobs in Gefahr seien. Sozial ist also, was Mordwerkzeuge schafft.

Rund 100 000 Menschen in Deutschland verdienen ihr täglich‘ Brot in der Rüstungsindustrie. Schlimm genug. Ihre Existenz ist die Keule, die geschwungen wird, um Kriegsbeteiligung - und nichts anderes ist die Ausstattung kriegführender Armeen mit mörderischem Gerät - zu rechtfertigen. Und Beteiligungen, das wissen Investoren und Aktionäre, müssen gewinnbringend sein. Zumindest für sie.

Einer, der sich für die Branche kräftig ins Zeug legt, war früher für die friedliche Entwicklung in den Entwicklungsländern zuständig: Dirk Niebel. Jetzt zieht der FDP-Mann sich sein schon damals deplatziertes Bundeswehr-Käppi ganz tief in die Stirn - und zeigt damit paradoxerweise sein wahres Gesicht, indem er als Cheflobbyist von Rheinmetall weltweite Fäden spinnt und zu Strippen verwebt, die es zu ziehen gilt. Der ehemalige Fallschirmjäger ist ganz in seinem Element.

Deutschland ist wieder wer im weltweiten Rüsten und Kriegführen. Wer Mördern eine Waffe verkauft, leistet Beihilfe. Als strafmildernd gilt nicht, dass er mit dem Erlös seine Familie vor dem Hunger bewahren bzw. Milliarden Euro scheffeln will. Letzteres ist die Geschäftsgrundlage von Rheinmetall, ThyssenKrupp, Sig Sauer und vielen anderen Konzernen.

Ein Verbot aller Rüstungsproduktion und -exporte ohne Ausnahmen ist deshalb dringender denn je. Das ist aber nur dann möglich, wenn sich alle Beteiligten einig sind: Wir müssen zivile Arbeitsplätze für diejenigen schaffen, die Kriegsgerät herstellen, um ihr Auskommen zu haben. Und auch für die Niebels, Bartels' und Arnolds wird sich eine Tätigkeit finden lassen: beim Wiederaufbau zerbombter Städte oder als Pfleger der zu Krüppeln geschossenen Soldatinnen und Soldaten zum Beispiel.

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