Ex-Diktator verklagt Spielehersteller
Früherer Machthaber Panamas verlangt Schadensersatz für die Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte in einem Kriegsspiel
Ego-Shooter mögen in ihrer optischen Darstellung immer realistischer werden, auf der Handlungsebene neigen die Entwickler allerdings gerne zu einer historisch nicht ganz korrekten Darstellung von Abläufen. Hauptsache die mit Testosteron vollgepumpte Männlichkeit in Soldatenuniform trifft auf den unübersehbaren Patriotismus meist US-amerikanischer Prägung, der den Zockern in Spielen, wie der erfolgreichen »Call of Duty«-Reihe, stets das Gefühl gibt, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Längst haben Entwickler wie Activision Blizzard gefühlt jedes Schlachtfeld der modernen Kriege virtuell beschossen und bombardiert, weshalb inzwischen immer häufiger die Szenarien zwar an die Wirklichkeit angelehnt werden, deren Handlung aber in die Zukunft verschoben wird.
Im Titel »Call of Duty: Black Ops II« von 2012 geht es etwa um einen zum Kalten Krieg avancierten Konflikt zwischen den USA und China um seltene Metalle. Und weil richtig böse Schurken zu einem guten Ego-Shooter dazugehören, bekommt Panamas Ex-Diktator Manuel Antonio Noriega vom US-Spielehersteller Activision Blizzard einen Gastauftritt spendiert. Dieser fällt - wie die Rahmenhandlung vermuten lässt, aus Sicht von Noriega nicht positiv aus, weshalb der frühere Machthaber und derzeitige Bewohner einer Gefängnisszelle in Panama die US-Firma auf Schadensersatz verklagt. Noriega fühlte sich als »Entführer, Mörder und Staatsfeind« falsch dargestellt und habe dem Spielehersteller nie erlaubt, seinen Namen zu verwenden.
Im Streit mit dem Bösewicht kann Activision Blizzard auf einen prominenten Verteidiger hoffen. New Yorks früherer Bürgermeister Rudy Giuliani soll das Unternehmen in der Auseinandersetzung vertreten. Die Vorwürfe Noriegas seien »einfach absurd«, da der frühere Machthaber wegen »ruchloser Verbrechen« inhaftiert sei und die Darstellung im Spiel von der Meinungsfreiheit gedeckt werde, teilte Giuliani in einer Erklärung (englisch) mit.
Obwohl am miesen Charakter und den Verbrechen des Ex-Dikatators (1983 - 1989) keine Zweifel bestehen, ist die Bezeichnung als Staatsfeind der USA eine eher eigenwillige Interpretation der Geschichte, stand Noriega doch mindestens zehn Jahre ganz oben auf der Gehaltsliste der CIA. Ganz im Sinne der USA organisierte er Waffenlieferungen an die Contra-Rebellen in Nicaragua, um die linksgerichteten Sandisten in dem zentralamerikanischen Land zu stürzen. Im Gegenzug ignorierte Washington und der Geheimdienst die milllionenschweren Drogendeals Noriegas vor und hinter der amerikanischen Haustür, bis er dort selbst in Ungnade fie:l Die USA stürzten den Diktator 1989 mittels Invasion. 20 Jahre lang inhaftierten sie ihn bei sich, ehe der Drogenbaron über den Umweg Frankreich schließlich im Knast in Panama landete. Ein »Staatsfeind«, wie ihn sich die USA nur wünschen konnten.
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