Lob Merkels für Samaras, aber keine neuen Zusagen
Griechische Staatsbedienstete streiken gegen Entlassungen / Merkel würdigt Reformpolitik / Athen sieht sich auf Wachstumskurs
Athen. Aus Protest gegen weitere Entlassungen haben griechische Staatsbedienstete am Dienstag die Arbeit niedergelegt. Ministerien und andere Behörden blieben geschlossen. In staatlichen Krankenhäusern wurden nur Notfälle behandelt. Um die Mittagszeit versammelten sich vor dem Finanzministerium in Athen einige hundert Demonstranten. Auch in der zweitgrößten Stadt Thessaloniki gingen nach Medienberichten rund 3000 Menschen auf die Straße.
Ein Streikaufruf der Lehrergewerkschaft blieb dagegen weitgehend folgenlos. Auch auf Tourismus und Verkehr hatte der Ausstand keine nennenswerten Auswirkungen, wie die griechischen Medien übereinstimmend berichteten. Enttäuscht über die geringe Beteiligung äußerte sich Nikos Sartis, ein Arbeiter bei der Athener Müllabfuhr. »Es sieht mehr nach einem Rückzugskampf aus«, sagte er gegenüber dpa.
Die Staatsbediensteten protestieren gegen die geplante Entlassung von rund 6500 Kollegen. Zudem befürchten sie einen Abbau weiterer Stellen. Die Regierung lässt zurzeit alle Staatsbediensteten und ihre Leistung durch Experten bewerten. Einsparungen im öffentlichen Dienst in Griechenland werden als Voraussetzung für weitere Finanzspritzen der internationalen Geldgeber hingestellt. Zuletzt hatten Staatsbedienstete im Juli für einen Tag die Arbeit niedergelegt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Griechenland Erfolge bei der Umsetzung seines Reformprogramms bescheinigt. Nach einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras sagte Merkel am Dienstag in Berlin, es gebe »sehr erfreuliche und positive Signale«. Samaras erwartet, dass sein Land die Rezession im dritten Quartal hinter sich lässt.
Die Schwelle zum Wachstum könne bald erreicht werden, sagte auch Merkel. Sie bescheinigte Samaras eine entschiedene Führung, die Schritt für Schritt Ergebnisse zeige. »Die ersten zarten Pflänzchen des Erfolgs sind sichtbar«, sagte sie. Auf die Frage, ob sie sich eine Lockerung der strengen Regeln des Stabilitätspakts vorstellen könne, verwies die Kanzlerin auf die EU-Kommission. Diese müsse im Oktober die Haushalte aller Mitgliedsstaaten bewerten. Ähnlich hatte sich Merkel am Montag nach dem Treffen mit dem französischen Premierminister Manuel Valls geäußert. Samaras sagte zu möglichen Erleichterungen für Frankreich und Griechenland beim Schuldenabbau lediglich: »Das Maß muss gewahrt werden.«
Der griechische Ministerpräsident sieht sein Land auf Wachstumskurs. 2015 erwarte seine Regierung ein Wachstum von 2,9 Prozent, 2016 sogar von 3,7 Prozent. Die Zinsen für Staatsanleihen gingen weiter zurück. Die hohe Arbeitslosigkeit mache weiter Sorgen. »Aber die Zahlen sinken«, betonte Samaras.
Zu einer möglichen Streckung der Tilgungsfristen für Griechenlands Schulden erklärte er, für konkrete Angaben dazu sei es zu früh. Auch zu einer Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gab es keine klare Aussage. »Scheidung« sei das falsche Wort, betonte er. Etwas anderes sei es, wenn die IWF-Unterstützung nicht mehr notwendig sei. Griechenland ist seit 2010 mit über 230 Milliarden Euro internationaler Hilfszusagen vor dem Staatsbankrott bewahrt worden. Im Gegenzug musste es umstrittene Sparmaßnahmen durchsetzen. Seit sechs Jahren steckt das Land in der Rezession. Das zweite Hilfspaket läuft zum Jahresende aus. Ein drittes Paket sei aber nicht notwendig, betonte Samaras.
Über die innenpolitische Lage in Griechenland sei bei dem Treffen nicht gesprochen worden, betonten Merkel wie Samaras. Das Bündnis der radikalen Linken unter seinem Chef Alexis Tsipras führt derzeit in allen Umfragen deutlich. dpa/nd
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