SPD-Linke sortiert sich neu

Vertreter von Jusos, Parteivorstand und Bundestagsfraktion starten Aufruf zur Gründung einer Plattform

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Der linke SPD-Flügel ist zersplittert und sein einstiges Zentrum DL 21 durch Austritte geschwächt. Nun hoffen prominente SPD-Politiker, dass die Strömung durch eine Neugründung schlagkräftiger wird.

Die Linken in der SPD gründen eine neue Dachorganisation. In einem »Aufruf für eine neue Parteilinke«, der »nd« vorliegt, heißt es: »Um linke Politik in der SPD durchsetzen zu können, brauchen wir eine handlungsfähige, innovative und vor allem geschlossene sowie koordinationsbereite Parteilinke.« Die Autoren geben das Ziel aus, »Perspektiven jenseits einer Großen Koalition zu schaffen«.

Der Aufruf wurde vom stellvertretenden Parteivorsitzenden Ralf Stegner, der Juso-Chefin Johanna Uekermann und dem Sprecher der Parlamentarischen Linken im Bundestag (PL), Carsten Sieling, unterschrieben. Sie wollen künftig in der »Plattform Neue Linke« die Arbeit des Parteiflügels koordinieren und die Basis in die Kursbestimmung der Partei einbinden. Unterstützung erhalten sie unter anderem vom SPD-Vorstandsmitglied Sascha Vogt und dem Berliner Landeschef Jan Stöß. Ein erstes Treffen ist am 14. und 15. November in Magdeburg geplant.

Mit ihrer Neugründung reagieren die SPD-Funktionäre nicht nur darauf, dass die Parteilinke zersplittert ist, sondern auch auf den Bedeutungsverlust des Forums Demokratische Linke 21 (DL 21). Dieser Verein galt vor einigen Jahren als wichtiges Zentrum der Parteilinken. Geführt wurde die DL 21 eine Zeit lang von Andrea Nahles. In den vergangenen Monaten waren jedoch die heutige Bundesarbeitsministerin und weitere prominente Mitglieder aus dem Forum ausgetreten. Sie waren unzufrieden mit der DL-21-Vorsitzenden Hilde Mattheis, die quasi als Einzelkämpferin den Eintritt der SPD in die Große Koalition und zwischenzeitlich die Einigung zum Mindestlohn kritisiert hatte. Andere Parteilinke wie Stegner gelten im Unterschied zu Mattheis als »Regierungslinke«, die bereit sind, ausgehandelte Kompromisse hinzunehmen, ohne darüber zu murren. Kein Wunder also, dass die DL 21 offenbar in der »Plattform Neue Linke« keine führende Rolle spielen soll. Auf eine Anfrage des »nd« erklärte PL-Sprecher Sieling, er hoffe, dass »die Mitglieder der DL 21 selbstverständlich dabei sein« werden. Mattheis erwähnte er in diesem Zusammenhang jedoch nicht.

Trotz der Schwäche der DL 21, die sich zu einer Organisation entwickelt hat, in der sich eher Basislinke als Funktionäre sammeln, ist es den Linken außerhalb des Forums bisher nicht gelungen, eine bedeutende Dachorganisation aufzustellen. Zu diesem Zweck wurde vor eineinhalb Jahren der »Berliner Kreis« mit dem Sprechertrio Stegner, Vogt und Sachsen-Anhalts SPD-Chefin Katrin Budde gegründet. Doch viele Parteilinke akzeptierten die neue Organisation nicht. Klaus Barthel, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD, sprach damals von einer »willkürlich definierten ›Linken‹«.

Es ist fraglich, ob nun das Projekt »Plattform Neue Linke« erfolgreicher sein wird als der »Berliner Kreis«. Dass beide nicht getrennt voneinander betrachtet werden können, bestätigte Sieling. »Der jetzige Schritt ist quasi die konsequente Fortsetzung des damaligen Antritts«, sagte der Bremer Bundestagsabgeordnete dem »nd«. Nur dass man sich jetzt nicht ausschließlich auf Funktionsträger und Koordinationsaufgaben beschränke, sondern eine breite Beteiligung und Politikentwicklung erreichen wolle.

Dass SPD-Chef Sigmar Gabriel zuweilen auf den linken Flügel eingehen muss, hatte sich beim Parteikonvent gezeigt, der am Samstag weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Willy-Brandt-Haus stattfand. Nach heftigen Auseinandersetzungen vor der Veranstaltung wurde ein Kompromiss zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA geschlossen. Die Verhandlungen über TTIP werden fortgesetzt, aber die SPD ist gegen Investorenschutzklausel, Sozial- und Umweltschutzdumping. Die Parteilinke sah dies, obwohl in der Realität schwer durchsetzbar, als Erfolg.

Auch die DL 21 will sich weiter kritisch mit TTIP und CETA auseinandersetzen. Bei ihrer Mitgliederversammlung am 4. Oktober in Berlin ist auch einer der Initiatoren der Europäischen Bürgerinitiative gegen die Freihandelsabkommen zu Gast. Ansonsten wird sich der linke SPD-Verein viel Zeit nehmen, um über seinen nicht sonderlich guten Zustand zu diskutieren. Das Motto lautet: »Quo vadis Forum DL 21?«

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