Schnelle Behandlung macht den Unterschied

Ebola: Das Schlimmste steht den Menschen in Westafrika noch bevor

  • Stephan Köhnlein, Genf
  • Lesedauer: 3 Min.
Die WHO schlägt Alarm. In den kommenden Wochen wird die Zahl der Ebola-Toten laut einer Studie dramatisch steigen. Und Hoffnung auf eine baldige Entspannung der Lage gibt es kaum.

Zu wenig Klinikpersonal und -betten, überforderte Behörden - die Lage in den vom Ebola-Virus heimgesuchten Ländern in Westafrika ist verheerend. Es wird noch schlimmer kommen: Schon bald müsse man mit Tausenden Infizierten pro Woche rechnen, bis Anfang November würden sich mehr als 20 000 Menschen angesteckt haben, heißt es in einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Imperial College in London.

Ausgebrochen ist die Krankheit im Dezember in den Präfekturen Guéckédou und Macenta in Guinea. Erst am 23. März wurde das der WHO bekannt. Für ihre Studie, die am Dienstag im Magazin »New England Journal of Medicine« erschien, haben die Wissenschaftler die Daten aus neun Monaten gesammelt und analysiert.

Während die Krankheit in Nigeria und Senegal weitgehend unter Kontrolle scheint, ist die Lage in Guinea, Liberia und Sierra Leone katastrophal. »Projektionen für die Zukunft legen nahe, dass diese drei Länder bald schon jede Woche Tausende von Infizierten und Toten melden werden, solange die Gegenmaßnahmen nicht schnell verbessert werden«, sagte Christopher Dye, WHO-Strategiedirektor und Co-Autor der Studie. Es müsse besser verfolgt werden, mit wem Infizierte Kontakt hatten, Kranke müssten angemessen isoliert, die Qualität der Pflege erhöht werden. Zudem forderte er mehr Unterstützung von internationalen Partnern.

Nach jüngsten Daten der WHO wurden in Westafrika bis 18. September 5762 Ebola-Patienten gemeldet, 2793 davon waren gestorben. Die Dunkelziffer liegt vermutlich wesentlich höher. Zudem gibt es einen davon unabhängigen Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo, bei dem 71 Erkrankte registriert wurden, davon 40 Todesfälle.

Dass sich Ebola in Westafrika so stark verbreitet hat wie nie zuvor auf der Welt, liegt nach Ansicht der Forscher nicht an der biologischen Beschaffenheit des Erregers. Vielmehr sei dafür der enge und grenzüberschreitende Austausch der Menschen in den Nachbarländern Guinea, Liberia und Sierra Leone sowie der schlechte Zustand der Gesundheitssysteme verantwortlich.

»Die starke Vermischung der Bevölkerung hat die Ausbreitung der Infektion erleichtert, aber ein großer Ausbruch war nicht unvermeidbar«, sagte Christl Donnelly, Professorin für Statistische Epidemiologie am Imperial College. »In Nigeria zum Beispiel, wo das Gesundheitssystem solider ist, ist die Zahl der Fälle bislang begrenzt. Auf Basis ihrer Daten konnten die Wissenschaftler auch Aussagen über den Verlauf der Krankheit treffen. «Die Analyse zeigt, dass bis zum 14. September 70,8 Prozent der Patienten mit eindeutigen Befunden gestorben sind», sagte Dye. Niedriger habe die Rate der Todesfälle gelegen, wenn man nur die Patienten in Krankenhäusern betrachte. Dies stütze die Annahme, dass schnelle Behandlung einen Unterschied mache. Bislang gibt es kein direktes Medikament, der Körper kann aber im Kampf gegen die Krankheit indirekt gestärkt werden.

Am häufigsten angesteckt hätten sich Menschen von 21 bis 44 Jahren. Aus der Altersgruppe stammen gut 60 Prozent der Infizierten. Hier lag aber auch die Überlebensrate am höchsten. Widerlegen konnten die Forscher die Vermutung, dass Frauen sich öfter infizieren, etwa weil sie mehr mit der Pflege von Kranken befasst sind.

Medikamententests versprächen Hoffnung, so die Forscher. Selbst wenn sich die Mittel als effektiv erwiesen, sei es aber unwahrscheinlich, dass sie demnächst in der benötigten Menge zur Verfügung stünden. «Das Risiko einer weiteren Ausbreitung von Ebola ist real», warnen die Forscher. «Diese Studie bietet alle Belege für einen dringenden Weckruf, um die Kontrollmaßnahmen intensiv hochzufahren, während zugleich weiter an der schnellen Entwicklung und Bereitstellung neuer Medikamente und Impfstoffe gearbeitet wird.» dpa

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