Die Unvollendete
Fabian Lambeck über den 3. Oktober als Feiertag
Die meisten Ostdeutschen, das belegen letzte Umfragen, begrüßen den Beitritt der DDR zur BRD, dessen Vollzug am gestrigen Freitag als »Tag der Deutschen Einheit« gefeiert wurde. Tatsächlich lässt sich schwer leugnen, dass der Beitritt nach Artikel 23 des Grundgesetzes für die meisten Ostdeutschen mehr Vor- als Nachteile gebracht hat. Auch wenn Millionen Menschen nach der Wende ihre Jobs verloren: Die Hälfte der Ostdeutschen sieht sich als Gewinner der Einheit. Die heute selbstverständliche Reise- und Meinungsfreiheit sowie die ausgeprägte Konsumkultur gab es in der DDR nicht.
Vor allem aber bleibt es ein großes Manko des Beitritts, dass sie nach dem falschen Grundgesetzartikel vollzogen wurde. Denn im Artikel 146 stand festgeschrieben, dass das »Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt«, seine Gültigkeit an dem Tage verliert, »an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist«. Das wurde versäumt.
Dass viele Deutsche immer noch glauben, die deutsche Einheit sei unvollendet geblieben, ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass man sich damals für den bequemen Weg entschieden hat. Mit allen, noch heute spürbaren Folgen. Zumal der 3. Oktober ein ziemlich willkürlich gewähltes Datum ist. Man wollte so vor allem ein weiteres DDR-Jubiläum verhindern.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.