Autonummern-Scannen ist legal
Kläger aus Bayern scheiterte vor Bundesverwaltungsgericht: Persönlichkeitsrechte gewahrt
Entscheidend für das aktuelle Urteil im Sinne der Polizei ist die Annahme, dass das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht verletzt wird, wenn Autokennzeichen automatisch fotografiert und mit anderen in Datenbanken der Polizei registrierten Nummern verglichen werden.
Seit 2006 setzt Bayerns Polizei 22 stationäre und drei mobile Kennzeichenerfassungsgeräte ein. Die stationären stehen derzeit an zwölf Standorten, die Autofahrern nicht bekannt sind. Man wechselt die Standorte nach Vorgaben des Landeskriminalamtes. Die Geräte bestehen aus einer Kamera, die den fließenden Verkehr auf jeweils einer Fahrspur von hinten erfasst. Die Kennzeichen jedes Fahrzeugs werden mit Hilfe eines nicht sichtbaren Infrarotblitzes aufgenommen. Aus dem digitalen Bild liest man die Ziffern und Buchstaben automatisch aus und leitet sie an einen stationären Rechner weiter. Der ist am Fahrbahnrand in einem verschlossenen Behälter untergebracht und gleicht das jeweils erfasste Kennzeichen mit den gespeicherten Fahndungsdateien ab. Bei den besonders für Großereignisse genutzten mobilen Anlagen werden die Kennzeichen über am Fahrbahnrand aufgestellte Kameras erfasst. Der Rechner ist in einem in der Nähe postierten Polizeifahrzeug installiert.
Gegen die Kennzeichenerfassung hatte Benjamin Erhart geklagt. Er wohnt im bayerischen Abensberg und im österreichischen Salzburg. Jedes Jahr fährt er rund 25 000 Kilometer. Mit seiner Klage hatte er im September 2009 beim Verwaltungsgericht München keinen Erfolg. Die Berufung scheiterte im Dezember 2012 beim Verwaltungsgerichtshof München. Und nun erteilten ihm am Mittwoch die obersten Verwaltungsrichter in Leipzig eine Abfuhr. Sie sahen nicht, dass die Erfassung seines Autokennzeichen das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Herrn Erhart verletzt und das so in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen wird.
Der Vorsitzende Richter Werner Neumann meinte: »Wird das Kennzeichen eines vorbeifahrenden Kraftfahrzeugs von dem Gerät erfasst und mit den dafür herangezogenen Dateien abgeglichen, ohne dass eine Übereinstimmung mit Kennzeichen in den Dateien festgestellt wird, liegt kein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor.«
Bei den vorangegangenen Münchner Gerichtsverfahren hatte die Polizei für die Monate Juni bis September 2011 eine Statistik vorgelegt. Danach werden Monat für Monat acht Millionen Kennzeichen auf Bayerns Straßen automatisch erfasst. Übrig bleiben davon rund 500 pro Monat, bei denen die Kennzeichen mit in Datenbanken hinterlegten übereinstimmen. In der Mehrzahl handelt es sich dabei um gestohlene Autos. Einmal pro Monat wird - so die Polizei - durchschnittlich eine Übereinstimmung angezeigt, die sich bei der weiteren Überprüfung durch Polizisten als falsch erweist.
Schon für den Fall, dass kein Treffer angezeigt wird, konnten die Richter des sechsten Senats keinen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erkennen. »In diesem Fall ist rechtlich und technisch gesichert, dass die Daten anonym bleiben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden«, begründete Richter Neumann. Ebenso wenig liegt nach seiner Einschätzung ein solcher Eingriff in jenen Fällen vor, in denen fälschlicherweise eine Übereinstimmung mit Kennzeichen in Dateien angezeigt wird. »In diesem Fall löscht der Polizeibeamte den gesamten Vorgang umgehend, ohne dass er die Identität des Halters ermittelt.«
Ein Eingriff in das Grundrecht liege nur dann vor, wenn das Kennzeichen von dem Gerät erfasst wird und bei dem Abgleich mit den Dateien eine tatsächliche Übereinstimmung mit dort erfassten Kennzeichen angezeigt wird. Doch so beruhigte Richter Neumann im etwas umständlichen Juristendeutsch: »Dem Kläger droht ein solcher Eingriff jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, weil die Kennzeichen von ihm gehaltener Kraftfahrzeuge nicht in den herangezogenen Dateien gespeichert sind und nur eine hypothetische Möglichkeit dafür besteht, dass sie künftig dort gespeichert werden könnten.«
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