Das Ende des eingebauten Endes?
Frankreich will »geplante Obsoleszenz« bestrafen
Waschmaschinen, die nach zwei Jahren den Geist aufgeben, High-Tech-Produkte, die sich nicht reparieren und Batterien, die sich nicht auswechseln lassen - bauen Hersteller gezielt Schwachstellen in ihre Produkte ein, um mehr zu verkaufen?
Wirtschaftsexperten zweifeln an der These, doch Verbraucherschützer sind überzeugt: »Techniken, die Geräte vorzeitig altern lassen, wurden zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise entwickelt, um die Lagerbestände abzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt schienen die Ressourcen der Erde noch unerschöpflich. Heutzutage wird dies fortgesetzt und noch intensiviert«, heißt es in einem 2010 vom Umweltverband »Les Amis de la Terre« verfassten Bericht.
Mit dem wirtschaftlich und ökologisch kriminellen Verhalten soll in Frankreich Schluss sein. Das gerade verabschiedete Energiewendegesetz sieht rechtliche Schritte gegen »geplante Obsoleszenz« vor. Der Begriff soll ins Verbraucherschutzgesetz aufgenommen und dem Tatbestand der »arglistigen Täuschung« gleichgesetzt werden. Hersteller, denen vorsätzlicher Verschleiß nachgewiesen werden kann, riskieren zwei Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 300 000 Euro.
»Geplante Obsoleszenz« umfasst demnach »sämtliche Techniken, mit denen ein Hersteller bewusst und in voller Absicht die Lebensdauer seines Produkts verkürzt oder seine potenzielle Anwendung einschränkt.« Dies beinhaltet auch »den absichtlichen Einbau eines Mangels oder einer Schwachstelle«, einen »programmierten oder vorzeitigen Stillstand«, sowie die »Unmöglichkeit, eine Batterie auszuwechseln oder ein Gerät zu reparieren«. Die Maßnahmen ergänzen ein im März verabschiedetes Gesetz, das die Gewährleistungsfrist auf zwei Jahre verlängert. Über das Energiewendegesetz muss noch der Senat, die zweite Kammer des Parlaments, diskutieren und abstimmen.
Bleibt abzuwarten, wie viele Verbraucher vor Gericht ziehen werden, weil das Smartphone oder der Geschirrspüler nur zwei Jahre gehalten hat. Auf dem Papier eine hervorragende Idee, scheint die Umsetzung des Gesetzes fast unmöglich. Um gegen vorzeitigen Verschleiß klagen zu können, müsste zum einen die genaue Lebensdauer jedes Geräts festgelegt werden. Vor allem aber muss der Kläger den eindeutigen Beweis erbringen können, dass der Hersteller vorsätzlich sabotierte. Wie das geschehen soll, sagt das Gesetz nicht.
Die Umweltverbände begrüßen zwar »ein starkes Signal in Richtung Industrie«, halten das Gesetz jedoch für unzureichend. »Um die Vermarktung von langlebigen Gebrauchsgütern zu fördern, die sich auch reparieren lassen«, könne die Gewährleistungsfrist auf zehn Jahre heraufgesetzt, die Lieferung von Ersatzteilen für einen bestimmten Zeitraum obligatorisch gemacht und die Hersteller verpflichtet werden, die Ausfallraten ihrer Geräte zu veröffentlichen, so Camille Lecomte von »Les Amis de la Terre«. Sie hofft, dass die Senatoren das Gesetz »nachbessern«.
Nach Ansicht des Professors für Wirtschaftswissenschaften, Alexandre Delaigue, lenkt die Debatte jedoch vom eigentlichen Problem ab: »Eine Bestrafung der Hersteller entledigt die Konsumenten ihrer Mitverantwortung. Dabei sind sie es, die unentwegt neuste Technologie zu möglichst niedrigen Preisen wollen. Am Ursprung des Problems steht unser kapriziöses Konsumverhalten«.
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