Steuermann gesucht
Katja Herzberg zum offenen Geheimnis der EU-Steuerparadiese
Dem internationalen Journalisten-Konsortium ICIJ ist zu danken. Es hat enthüllt, in welch erschreckendem Ausmaß Steuervermeidung in Europa vonstatten geht. Schlupflöcher oder niedrige Steuersätze in Luxemburg und anderswo zu nutzen, ist zwar im Prinzip nicht illegal. Doch nun, da bekannt ist, welche Summen der öffentlichen Hand entgehen, ist die Empörung vielerorts groß.
Aber nicht überall. Jean-Claude Juncker, der die Steueroase Luxemburg fast zwei Dekaden regierte und nun als EU-Kommissionschef gegen die Regelungen seines Heimatlandes vorgehen müsste - wie es bereits in Einzelfällen geschieht -, bleibt gelassen. Dass er die politische Verantwortung übernehmen solle, fordern ohnehin nur jene, die schon immer gegen Juncker opponierten. Die meisten Regierenden können ihn dagegen gar nicht angreifen, beorderten sie ihn doch auf seinen jetzigen Posten. Trotzdem sieht nun ein Vizekanzler Sigmar Gabriel das »Projekt Europa« in Gefahr. Auch laut Finanzminister Wolfgang Schäuble könne es nicht sein, dass sich Wenige auf Kosten Vieler bereichern.
Es dürfte also nicht lange dauern, bis die Steueroasen ausgetrocknet sind, oder? Die Erfahrungen lassen diese Hoffnung sich schnell wieder in Luft auflösen. Bis in die schwere aktuelle Krise hinein haben die Staats- und Regierungschefs die Finanzparadiese auch in den Niederlanden oder Zypern geduldet. Ausgerechnet beim Thema Steuerdumping soll sich Juncker nun jedoch als Steuermann beweisen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.