Arbeiten bis zum Umfallen - für Kim Jong Un
»Guardian«: In Katar, Ausrichterland der Fußball-WM 2022, arbeiten 3000 Nordkoreaner als »moderne Sklaven«
Der Fußball-Weltverband FIFA hält weiterhin zu Katar: Erst gestern dementierte die FIFA einen Bericht des Nachrichtenmagazins »Spiegel«, nach dem FIFA-Präsident Joseph Blatter im Oktober gegenüber norwegischen Offiziellen gesagt habe, die Araber seien »arrogant«, Katar finanziere die Terrormiliz Islamischer Staat und die WM werde 2022 nicht in dem Emirat stattfinden. Diese »Behauptungen sind unzutreffend«, erklärte die FIFA, die demnächst einen großen Sponsorendeal mit der katarischen Fluggesellschaft »Qatar Airways abschließen möchte, nachdem sich die «Emirates» aus dem FIFA-Sponsoring zurückzieht. Derzeit vergeht kein Monat, in dem nicht irgendein FIFA-Insider erklärt, er glaube nicht, dass Katar noch die WM 2002 ausrichten werde.
Neue Berichte zeichnen ein äußerst abschreckendes Bild vom öl- und gasreichen Wüstenstaat Katar, der sich so gerne als internationale Sportmacht profilieren möchte. Der «Guardian» aus London will herausgefunden haben, dass in Katar etwa 3000 Nordkoreaner als Wanderarbeiter auf den Megabaustellen des Emirats schuften. Das Blatt berichtete am Freitag von Nordkoreanern, die auf der Baustelle von Lusail City arbeiten. Die Männer aus der Volksrepublik arbeiten demnach noch einige Stunden mehr als ohnehin schon rechtelosen Arbeitsimmigranten aus Nepal, Pakistan und Indien, die sich auf den Baustellen der Hauptstadt Doha verdingen.
Noch dazu erhalten die Koreaner nach Erkenntnissen des «Guardian» nur einen kleinen Teil ihres ohnehin äußerst knappen Gehalts. Bei 2000 bis 3000 Riyal (umgerechnet 440 bis 660 Euro) sollen die Löhne liegen, wovon den Arbeitern nach Schätzungen etwa 70 Prozent abgezogen werden. «Wir sind hier, um Devisen für unsere Nation zu verdienen», so umschrieb es ein Nordkoreaner gegenüber der Zeitung. Nach Aussagen von ägyptischen Kollegen, die als Sicherheitskräfte auf den Baustellen arbeiten, seien die Arbeiter aus dem Kim-Reich täglich von sechs Uhr morgens bis Mitternacht im Einsatz.
In Lusail City, wo der «Guardian» die Arbeiter aus Nordkoreaner ausfindig gemacht hat, wird sich nach Fertigstellung auch das 86 000 Plätze fassende Endspielstadion der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 befinden. Die Bedingungen, unter denen die Nordkoreaner in Katar arbeiten, nennt die Menschenrechtsorganisation Anti-Slavery International eine «moderne Form der Sklaverei», wie deren Präsident Aidan McQuade sagt: «Der Fakt, dass diese Lebensbedingungen als besser als in Nordkorea gelten könnten, ändert nichts daran, dass es sich um Zwangsarbeit handelt.» Die Diktatur in Pjöngjang nutze schlicht und einfach die Wehrlosigkeit ihrer Bürger, um sich «in Absprache mit der katarischen Autokratie zu bereichern».
Durch die umstrittene WM waren die miserablen Arbeitsbedingungen in Katar in den Fokus gerückt. Im Mai hatte die Regierung von Katar nach Protesten internationaler Gewerkschaften und reichlich medialer Aufmerksamkeit für etliche Todesfälle auf den Großbaustellen schließlich Reformen angekündigt.
Auch die bevorstehende Handball-WM der Männer im Januar 2015 gerät den Katarern schon vor dem Beginn zum Politikum: Nach Bahrain erklärte am Wochenende auch der Nachbar Vereinigte Arabische Emirate seinen Startverzicht. Die beiden boykottierenden Länder, die ihren Startverzicht offiziell mit «unzureichender Vorbereitung» (Vereinigte Arabische Emirate) beziehungsweise überhaupt nicht begründeten (Bahrain), unterstützen unterschiedliche Rebellengruppen beim in Syrien tobenden Bürgerkrieg. In zwei Wochen benennt der Handballweltverband zwei neue Nationalteams.
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