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»Schwarze Null« nur mit Tricks und Sondereffekten

Bund will im nächsten Jahr 299,1 Milliarden ausgeben / Kritik: Schulden in »Schattenhaushalten« versteckt

  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Überraschung stellt die »schwarze Null« nicht mehr da, seit heute Nacht steht der Bundeshaushalt 2015. Die Neuverschuldung findet jetzt durch fehlende Investitionen und in Schattenhaushalten statt, monieren Kritiker.

Update 11.40 Uhr: Der von der großen Koalition für 2015 beschlossene Haushalt ohne neue Schulden wurde nach Ansicht der Opposition nur mit Tricksereien und Sondereffekten möglich. »Die «schwarze Null» hat gewonnen, aber Deutschland hat verloren«, sagte der Haushaltsexperte der Linken, Roland Claus, am Freitag in Berlin. Union und SPD sowie die Bundesregierung benähmen sich, als wären sie Besitzer Deutschlands, Etatberatungen würden immer willkürlicher.

Aus Sicht der Grünen ist der Haushalt 2015 nicht ausgeglichen. Schäuble verstecke seine Schulden in Schattenhaushalten, sagte der haushaltspolitische Sprecher Sven-Christian Kindler. Die Bundesregierung verschulde sich bei Kranken- und Rentenkassen sowie bei der Zukunft durch fehlende Investitionen: »Dieser Haushalt hat eine schillernde Fassade, aber dahinter bröckelt es gewaltig.«

Linke und Grüne wiesen darauf hin, dass die schwarz-rote Koalition vor allem von den extrem niedrigen Zinsen sowie einmaligen Sondereffekten wie Rückzahlung der EU profitiere. Kindler bezifferte diese auf etwa vier Milliarden Euro. »Das ist viel Glück.«

Bundeshaushalt 2015 in Höhe von 299,1 Milliarden beschlossen

Die Haushaltspolitiker des Bundestags haben in der Nacht zum Freitag den Bundesetat für 2015 festgezurrt. Dieser kommt wie geplant erstmals seit Jahrzehnten ohne neue Schulden aus, wie die Unionsfraktion sowie die Grünen nach der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses mitteilten. Die Ausgaben sollen demnach bei 299,1 Milliarden Euro liegen.

Erstmals seit 1969 will die Regierung 2015 damit wieder ohne neue Kredite auskommen. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), sprach nach den stundenlangen Beratungen von »haushaltspolitischer Geschichte«, die die Koalition geschrieben habe. Belastungen in Höhe von gut zwei Milliarden Euro etwa wegen höherer Ausgaben beim Elterngeld und wegen der schwächeren Steuerschätzung seien durch niedrigere Zinsausgaben und weniger Ausgaben beim Betreuungs- und beim Wohngeld aufgefangen worden.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte den Etat im September in den Bundestag eingebracht. Seine Planungen sahen für 2015 Ausgaben von 299,5 Milliarden Euro und erstmals seit 1969 keine Neuverschuldung vor. Die »Schwarze Null« soll auch für die Jahre bis 2018 gelten. Im Haushalt des laufenden Jahres ist noch eine Neuverschuldung von 6,5 Milliarden Euro veranschlagt.

Die Steuerschätzung hatte in der vergangenen Woche wegen der sich abschwächenden Konjunktur ein Minus von 500 Millionen Euro bei den Steuereinnahmen für das laufende Jahr ergeben.

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünenfraktion, Sven-Christian Kindler, erklärte, der Haushalt sei keineswegs ausgeglichen, da Schäuble die Schulden in »Schattenhaushalten« verstecke. Die Regierung verschulde sich bei den Krankenkassen und der Rentenversicherung durch fehlende Investitionen. Die Milliardenkosten würden auf die nächste Legislaturperiode verschoben, kritisierte er. Das ebenfalls auf den Weg gebrachte Investitionspaket in Höhe von zehn Milliarden Euro bezeichnete Kindler lediglich als einen »Tropfen auf den heißen Stein«. dpa/nd

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