Opposition kritisiert Frauenquote als »Quötchen«
Ab 2016 mindestens 30 Prozent weibliche Aufsichtsräte für Dax-Unternehmen / »Sanktion des leeren Stuhls« abgesegnet / Schwesig: Ein guter Tag / Kipping: Viel Aufregung um Quote light
Berlin. Der Koalition erntet mit ihrem Kompromiss zur Frauenquote in Aufsichtsräten Kritik von allen Seiten. Wirtschaftsverbände lehnten das Vorhaben am Mittwoch als schädlich ab, der Opposition gehen die Pläne hingegen nicht weit genug. Grüne und Linkspartei verspotteten die vorgesehene Quote von 30 Prozent als »Quötchen« und »Quote light«. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte die schwarz-rote Vereinbarung: »Wir können es uns nicht leisten, auf die Kompetenz der Frauen zu verzichten«, sagte sie bei der Generaldebatte im Bundestag.
Nach wochenlangem Streit hatten die Koalitionsspitzen in der Nacht zum Mittwoch die Details einer Frauenquote für die Wirtschaft vereinbart. Ab 2016 müssen demnach 30 Prozent der Aufsichtsratssitze an Frauen gehen - anderenfalls bleiben sie unbesetzt. Dies gilt allerdings nur für gut 100 börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Unternehmen, für kleinere Firmen wird es eine flexible Regelung geben. Das Gesetz soll am 11. Dezember vom Kabinett verabschiedet werden.
Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) lobte die Vereinbarung: »Dieses Gesetz ist ein wichtiger Schritt für die Gleichberechtigung, weil es auch einen Kulturwandel in der Arbeitswelt einleiten wird. (...) Ich bin mir sicher, dass am Ende kein Stuhl leer bleibt, weil es genug Frauen gibt, die qualifiziert sind, genau diese wichtigen Jobs zu machen«, sagte sie im Deutschlandfunk.
Justizminister Heiko Maas (SPD) sah das ähnlich: »Ich gehe jede Wette ein, dass in den Aufsichtsräten der börsennotierten Kapitalgesellschaften am Ende kein einziger Stuhl frei bleiben wird. (...) Frauen sind mindestens ebenso gute Chefinnen wie Männer.« Der Arbeitgeberverband BDA erklärte hingegen: »Eine solche Quote ignoriert, dass das entscheidende Kriterium die fachliche Qualifikation sein muss.« Eine gesetzliche Vorgabe schade Unternehmen wie Beschäftigten.
Holger Lösch von der BDI-Hauptgeschäftsführung sagte: »Die deutsche Industrie sieht die geplante starre Quote für große börsennotierte Unternehmen nach wie vor kritisch.« CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt konstatierte im BR-Hörfunk: »Wir haben einige Regelungen entschärft.« Zu den Ausnahmen, die die Union durchgesetzt habe, zähle etwa eine Reduzierung der Berichtspflichten.
Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast kritisierte: »Das Quötchen ist nur ein Anfang, wir werden weiter daran arbeiten, dass Frauen wirklich und in allen Bereichen die gleichen Chancen bekommen.« Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: »Faktisch sind nur rund 100 Aufsichtsräte von der 30% Quote betroffen. Ganz schön viel Aufregung um die Quote light!« Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.