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Der saubere Herr Winokurow

Nach wiederholten Dopingfällen soll ausgerechnet Kasachstans Volksheld und Ex-Doper bei Team Astana aufräumen

  • Ruben Stark
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem fünften positiven Dopingtest im Team Astana innerhalb von wenigen Monaten steht der Radsportweltverband UCI unter Zugzwang. Astana-Boss Alexander Winokurow glänzt derweil mit erstaunlichen Maßnahmen.

Es ist schon erschreckend: Zum fünften Mal innerhalb von wenigen Wochen wird das kasachischen Spitzenradsport-Team Astana mit einem Dopingfall konfrontiert. Interessant wie der Weltverband UCI reagiert. nach der Überführung des 20-jährigen Artur Fedossejew demonstriert Generalmanager Alexander Winokurow derweil erst einmal selbst eine unnachgiebige Haltung - das kommt schon einer Posse gleich.

Der einstige Blutdoper gibt sich plötzlich als Saubermann, suspendierte am Donnerstag die gesamte Astana-Nachwuchsmannschaft. »Die jungen Radsportler sind verrückt, wenn sie nicht begreifen, dass Doping keinen Platz mehr hat«, erklärte ausgerechnet Winokurow. Mit dem Profiteam hätten sie »nur den Namen und die Trikots gemeinsam«.

Einflussreich wie der kasachische Volksheld ist, sorgte er offensichtlich gleich noch für den Rücktritt von Kairat Kelimbetow, Präsident des kasachischen Radsportverbandes, und ersetzte diesen durch Darkan Mangeldijew, einen Vertrauten. Dazu muss auch Dmitri Sedun, Manager des Astana-Nachwuchsteams, und erstaunlicherweise auch Sportlicher Leiter der Profis, sein Aus befürchten.

»Ich möchte, dass das als Signal verstanden wird, als Knall in den Ohren unseres Verbandes«, sagte Winokurow der italienischen Sporttageszeitung Gazzetta dello Sport .

»Das ist Aktionismus, jetzt, wo sie merken, dass die Luft dünner wird,«, findet Jörg Werner, Manager der deutschen Radstars Marcel Kittel, Tony Martin und John Degenkolb: »Sie haben ein Problem, das kann man nicht wegwischen«, sagte er.

Als vor 78 Tagen die positive Epo-Dopingprobe des 30-jährigen Walentin Iglinski bekannt wurde, war es für Astana noch ein Leichtes, dem Fahrer den Schwarzen Peter zuzuschieben - ebenso bei dessen 33-jährigem Bruder Maxim Anfang Oktober. Es hatte aber schon einen Beigeschmack, als das Mitglied der Vereinigung für einen glaubwürdigen Radsport MPCC die darin selbst auferlegten Regeln dehnte, und eine vorübergehende Wettkampfsperre wegen der nicht geöffneten B-Probe hinauszögerte.

Winokurow weiß, dass diese Fälle nicht ablenken von der Sache selbst - deshalb gibt er den Aufräumer. Zumal Ilja Dawidenok, Wiktor Okischew und Fedossejew jeweils auf anabole Steroide getestet wurden. Jetzt kann nicht mehr auf die Idiotie einiger Weniger verwiesen werden. »Es ist eine Struktur zu erkennen«, meinte Werner. Auch Tour-de-France-Sieger Vincenzo Nibali gerät ins Zwielicht. Dass »diese Idioten«, wie er der Gazzetta zuletzt sagte, mit ihm nichts zu tun hätten, könnte er mit einer Trennung deutlich machen. Seine Pläne wollte er aber bisher nicht überdenken.

Am 6. November war Winokurow bei der UCI zu einer Anhörung geladen. Vorher hatte Astana erklärt, künftig mit der nationalen Anti-Doping-Agentur KazNADC enger zu agieren. Die UCI hatte da schon eine »komplette Untersuchung des Managements und der Anti-Doping-Politik« angekündigt. Auch die World-Tour-Lizenz steht auf den Prüfstand. Bis Anfang Dezember will sich die UCI zu dem Verfahren äußern. Bislang galt eine Rüge mit daran geknüpften Auflagen als wahrscheinliches Szenario. »Die UCI muss handeln«, sagte Werner, »und gut überlegen, ob so ein Umfeld eine Lizenz verdient.« SID

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