LINKE: Gabriel ist bei CETA eingeknickt
Partei-Vize Stegner: Konzerne dürfen Parlament nicht überstimmen / Auch Linke und Grüne werfen Gabriel vor, Versprechen zu brechen
Update 16.25 Uhr: Von Einknicken des SPD-Vorsitzenden Sigmar gabriel bei Ceta spricht der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Klaus Ernst. Gabriel trete »den Beschluss des Parteikonvents der SPD mit Füßen, in dem es klipp und klar heißt, dass Investor-Staat-Schiedsverfahren in jedem Fall abzulehnen seien«, so Ernst. Von der früheren kritischen Haltung des Wirtschaftsministers gegenüber dem europäisch-kandischen Abkommen sei nichts mehr übrig. »Für Gabriel geht es jetzt nur noch um 'weitere Verbesserungen beim Investitionsschutz', dass er ihn komplett herausbekommt, hat er bereits abgeschrieben.«
Update 10.03 Uhr: Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner hat in der Debatte um die von Parteichef Sigmar Gabriel signalisierte Zustimmung zum Freihandelsabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada an den geltenden Parteitagsbeschluss erinnert. »Wir haben auf dem Parteitag drei Bedingungen formuliert«, sagte Stegner am Freitag im Interview mit Deutschlandfunk. So dürfe durch Ceta nicht die wirtschaftlichen EU-Standards sinken und über die Zustimmung zum Abkommen müsse abschließend vom Bundestag mitentschieden werden. Zum umstrittenen Investorenschutz sagte Stegner, dieser sei »in Ordnung, aber es darf am Ende nicht so sein, dass Konzerne sich gegen Parlamente durchsetzen können.«
Update 8.00 Uhr: Nach der Kehrtwende von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel beim umstrittenen Freihandelsabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada ist die SPD-Linke alarmiert. Der Sprecher des linken Flügels der Bundestagsabgeordneten, Carsten Sieling, sagte der Deutschen Presse-Agentur, Gabriel könne nicht einfach SPD-Positionen abräumen, heißt es unter linken Genossen. »Am Ende jedenfalls ist der SPD-Beschluss die Bewertungsgrundlage«. Er gehe »davon aus, dass sich Sigmar Gabriel insbesondere beim Investitionsschutz und den Schiedsgerichten mit aller Kraft für die im Parteikonvent beschlossene Position einsetzt«, so Sieling.
Gabriel hatte zuvor erklärt, trotz heftig umstrittener Schutzklauseln für Konzerne grünes Licht für das Handelsabkommen zu geben. »Wenn der Rest Europas dieses Abkommen will, (...) dann wird Deutschland dem auch zustimmen. Das geht gar nicht anders«, sagte er am Donnerstag im Bundestag. Damit verschärft der SPD-Chef den Konflikt mit dem linken Flügel seiner Partei. Die Sozialdemokraten hatten im September auf einem kleinen Parteitag beschlossen, dass der Investorenschutz mit Schiedsgerichten, vor denen Konzerne Schadenersatz von Staaten einklagen könnten, in dem Ceta-Abkommen nichts zu suchen habe.
Linke und Grüne warfen Gabriel vor, seine Versprechen zu brechen. Noch im September habe der Vizekanzler im Parlament den Eindruck erweckt, er werde das Ceta-Abkommen in Brüssel ablehnen, wenn die Schutzklauseln für Unternehmen drinbleiben. Der Chef der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, ging den SPD-Chef hart an: »Sigmar Gabriel benutzt Europa als schäbige Ausrede dafür, dass er seine eigene Partei in der Handelspolitik betrügen will und einen Parteitagsbeschluss einfach ignoriert.«
Gabriel glaubt zwar, dass er bei Ceta in Gesprächen mit der EU-Kommission in Brüssel noch punktuelle Verbesserungen durchsetzen kann. Ganz werde man Investorenschutz und Schiedsgerichte aber nicht mehr verhindern: Das sage er auch seiner eigenen Partei. Für eine »nationale Bauchnabelschau« habe Europa kein Verständnis. Ohne die Abkommen Ceta mit Kanada und TTIP mit den USA würde Europa von boomenden asiatischen Ländern abgehängt. »Sind wir als Europäer draußen vor, dann ist das für eine Exportnation wie Deutschland eine mittlere Katastrophe«, meinte Gabriel. Dann seien Hunderttausende Arbeitsplätze in der Industrie gefährdet. »Wenn wir das hier falsch machen, werden unsere Kinder uns verfluchen.«
Ceta gilt als Blaupause für das geplante große Handelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA, das ebenfalls hoch umstritten ist. Zuletzt sind die Zweifel gewachsen, ob TTIP vor Ende der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama 2016 fertig wird. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.