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Kondom = Sexarbeiter

In Kambodscha werden HIV-Positive diskriminiert

  • Michael Horn
  • Lesedauer: 3 Min.
Virak Horn leitet ein Netzwerk HIV-positiver Menschen in Kambodscha. Der 34-Jährige ist selbst infiziert und erlebt jeden Tag Stigmatisierung und Diskriminierung. Einerseits ist Kambodscha bei der Aidsbekämpfung ein Erfolgsbeispiel: Die Aufklärungskampagnen waren erfolgreich, antiretrovirale Medikamente stehen kostenlos zur Verfügung. Religiöse, kulturelle und politische Barrieren verhindern jedoch eine nachhaltige Aidshilfe für Schwule, Transsexuelle und Sexarbeiter. Mit Horn sprach Michael Lenz.

Können Schwule und Transsexuelle in Kambodscha offen leben?
Unter dem Deckmantel des Kampfs gegen Menschenhandel finden an Schwulen- und Transsexuellentreffpunkten immer wieder Razzien statt, obwohl Homosexualität offiziell legal ist. Wer mit einem Kondom in der Tasche erwischt wird, gilt als Sexarbeiter. Um nicht im Gefängnis zu landen, muss man sich dann von der Polizei freikaufen. Das kann einem auch passieren, wenn man als homosexuelles Paar zusammenlebt und Nachbarn die Polizei rufen.

Wie sieht es im Alltag, zum Beispiel am Arbeitsplatz, aus?
Ein Freund von mir hat mehr als zwei Jahre bei einer Wachgesellschaft gearbeitet. Seine Kollegen haben dann seine Beförderung verhindert, weil er schwul ist. Das ist der Alltag.

Sind HIV-Positive ähnlichen Diskriminierungen ausgesetzt?
Insgesamt hat die Stigmatisierung HIV-Positiver abgenommen. Aber für Schwule mit HIV ist es immer noch sehr schwierig, offen damit umzugehen. Sie werden ja oft schon wegen ihrer Homosexualität von ihren Familien verstoßen.

Haben Sie das auch erlebt?
Ein heterosexueller Onkel hatte Aids, eine Tante und eine Cousine sind HIV-positiv. Das hat es der Familie einfacher gemacht, mich zu akzeptieren.

Haben Sie sich in Ihrer Zeit als Sexarbeiter in Bangkok infiziert?
Nein. Das war erst später, als ich wieder in Kambodscha war. Aber von zehn Freunden aus meiner Heimatstadt Poipet, die in Bangkok anschaffen gingen, sind acht an Aids gestorben. Wir sind 1999 nach Bangkok, weil es für junge Leute in Kambodscha kaum Arbeit gab. Da blieb uns nur Sexarbeit. In Bangkok konnten wir mehr verdienen, und die Lebenshaltungskosten sind niedriger als in Kambodscha.

Warum sind Sie wieder zurückgegangen?
Bei einem Besuch in Poipet hatte ich entdeckt, dass es eine von Care initiierte Gruppe von Schwulen, Transsexuellen und HIV-Positiven gab. Der schloss ich mich an, weil ich offen schwul leben wollte. Als die Leute von Care herausfanden, dass ich einen High-School-Abschluss habe und Englisch spreche, boten sie mir einen Job an. Das war im Jahr 2004. Seitdem habe ich für eine ganze Reihe verschiedener Aidsprojekte gearbeitet.

Hat die Aidshilfe Kontakte zur Politik und Behörden?
Mit der Gesundheits- und der Aidsbehörde ist die Zusammenarbeit gut. In der Oppositionspartei haben einige Politiker der ehemaligen Menschenrechtspartei ein offenes Ohr für Forderungen nach einem Diskriminierungsschutz oder mehr Rechten für Sexarbeiter. Aber so manche Regierungsvertreter meiden selbst auf internationalen Aidskonferenzen den Kontakt zu Schwulen, Transsexuellen und Sexarbeitern.

Haben Sie einen Freund?
Mein erster Freund ist 2012 an Aids gestorben. Mein neuer Partner ist HIV-negativ und hat sich anfangs schwer damit getan, dass ich positiv bin. Aber jetzt sind wir glücklich.

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