Millionen Haushalte bekommen transparentere Abrechnungen

Grundversorgung mit Strom und Gas

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Strom- und Gaskunden in der Grundversorgung erhalten künftig transparentere Abrechnungen von ihrem Versorger. Hintergrund ist eine am 30. Oktober 2014 in Kraft getretene neue Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums. Eine Woche zuvor bereits hatte der Europäische Gerichtshof (Az. C-359/11 und C-400/11) die deutschen Regelungen zur Strom- und Gaspreiserhöhung als Verstoß gegen EU-Richtlinien gewertet (siehe nd-ratgeber Nr. 1178 vom 19. November 2014).

Die Verbraucher sollen nun genauer erkennen können, welche Preisbestandteile sich aufgrund staatlicher und welche sich wegen sonstiger Umstände ändern. Bisher waren die Versorger nicht verpflichtet, ihre Kosten aufzuschlüsseln. Sie konnten daher behaupten, die Preise seien aufgrund staatlicher Änderungen gestiegen, ohne dass die Kunden das nachprüfen konnten.

Die Anbieter müssen nun auf den Rechnungen, in den Vertragsbedingungen und im Internet genau angeben, wie sich der Grundversorgungspreis zusammensetzt. Dabei müssen sie auch Preisbestandteile wie etwa Ökostromumlage, Stromsteuer und Netzentgelte nennen. Sinken solche Anteile, muss der Preis gegebenenfalls neu kalkuliert werden.

Von der Änderung profitieren zunächst nur Verbraucher in der sogenannten Grundversorgung, also beispielsweise solche, die noch nie den Anbieter gewechselt haben. Sie sind automatisch im Grundversorgungstarif des örtlichen Stadtwerks. Der Tarif kann zwar auch bewusst gewählt werden, was jedoch eher unwahrscheinlich ist, da es sich meistens um den teuersten Tarif handelt. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums betrifft die neue Verordnung etwa ein Drittel aller Haushalte - das sind 13,5 Millionen in Deutschland.

Ob die Transparenzanforderungen auf alle Strom- und Gasanbieter ausgeweitet werden, ist nach Angaben einer Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums noch offen. Sie sagte gegenüber t-online.de, bei den Grundversorgungstarifen habe sich nach EU-Recht die Möglichkeit zur Änderung der Grundversorgungsverordnungen für Strom und Gas ergeben. Und diesen Spielraum habe man genutzt.

Häufig konnten die Grundversorgungskunden nur den Anteil der Mehrwertsteuer an ihrem Gas- oder Strompreis erkennen. Die restlichen Preisbestandteile blieben in ihrer Zusammensetzung oft unklar. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zufolge würden die Verbraucher jetzt in die Lage versetzt, die Preisänderungen ihres örtlichen Grundversorgungspreises besser zu bewerten und zwischen den Anbietern zu vergleichen. Dies gelte vor allem für den Strommarkt.

Einer Übersicht des Wirtschaftsministeriums zufolge machte 2013 etwa die Strombeschaffung beim Endpreis nur gut ein Fünftel (21,3 Prozent) aus. Zweitgrößter Posten war mit 19,8 Prozent das Netzentgelt, gefolgt von der Mehrwertsteuer. Dazu kamen noch zahlreiche Steuern, Abgaben und Umlagen: etwa die Stromsteuer (6,9 Prozent) und die EEG-Umlage (18 Prozent). Vertrieb und Marge machten demnach 7,5 Prozent des Strompreises aus. Abrechnung, Messung und Messstellenbetrieb schlugen mit 2,4 Prozent zu Buche. Dazu kam eine Konzessionsabgabe von 5,7 Prozent.

Beim Gaspreis entfällt dagegen der weit größte Teil auf Beschaffung und Vertrieb. Die Bundesnetzagentur weist diesen Posten gemeinsam mit 53,6 Prozent aus. Die Steuern summieren sich auf 24,3 Prozent, das Netzentgelt auf 19,7 Prozent. Messung, Messstellenbetrieb und Abrechnung kosten beim Gas nur rund 1,8 Prozent. Die Konzessionsabgabe liegt bei knapp 0,7 Prozent. dpa/nd

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