Laaaaangweilig

Es gibt doch tatsächlich Journalisten, die jetzt eine Dortmunder Trainerdiskussion anzetteln wollen. Das ist so ärgerlich wie die Tatsache, dass ein Serientäter in schwarz weiter vor sich hin pfeifen darf.

Stellen Sie sich vor, Sie haben morgens um 9 einen Vorstellungstermin beim Arbeitgeber Ihrer Träume. Und dann klingelt der Wecker nicht. Als Sie um 8 Uhr 34 aufwachen und die Uhrzeit registrieren, holen Sie sich einen Hustenkrampf weg, ehe Sie sich beim Versuch, Ihre Pantoffeln im Rennen zu erwischen, den Fuß verdrehen. Anschließend verbrühen Sie sich die rechte Hand, ehe Sie die Treppe zum Fahrradkeller herunterfallen und in Reichweite Ihres brandneuen Fahrrades ermattet zusammensinken. Scheiß-Tag, denken Sie. Dabei hat der noch gar nicht so richtig angefangen.

So oder so ähnlich müssen Sie sich bei Borussia Dortmund gerade vorkommen, wo sie ein Spiel nach dem anderen verlieren, und jedesmal viele viele Phasen im Spiel haben, in denen sie denken müssen, dass es dieses Mal aber wirklich klappen könnte mit dem Sieg. Aber nein, irgendeiner in Schwarz-Gelb schießt immer freistehend am Tor vorbei, irgendein Fuß-Legastheniker des jeweiligen Gegners hat immer ausgerechnet, wenn`s gegen Dortmund geht, den hellsten Tag seiner fußballerischen Existenz. Zum Kotzen das Ganze.

Zumal auch noch die Wegelagerer des Fußball-Business herumlungern, jene Kollegen, die sich tatsächlich nicht zu schade sind, irgendwelche Trainerdiskussionen vom Zaun zu brechen. Eine schwere Missachtung des ersten journalistischen Gebotes: Du sollst nicht langweilen!

Ist hier eigentlich wirklich jemand, der glaubt, dass der BVB absteigen könnte? Ich biete hiermit Wetten an, dass es am Ende ein Einstelliger sein wird. Und wenn man beim BVB noch einigermaßen bei Verstand ist (wogegen nicht viel spricht), dann immer noch mit einem Trainer, ohne den der Verein ziemlich sicher in den vergangenen Jahren ein paar Millionen weniger eingenommen hätte.

Mindestens so langweilig wie die Berechenbareren unter uns Journalisten ist allerdings der Umstand, dass Thorsten Kinhöfer immer noch Spiele oberhalb der D-Jugend pfeifen darf. Wenn ich mal in Rente bin oder mal im Lotto gewinne, weil ich nicht auf dem Weg zur Annahmestelle mit 6-er-Tippschein die Treppe zum Fahrradkeller runterfalle ... wenn ich also sehr viel Zeit habe, werde ich mal ein ganz dickes Buch schreiben, in dem ich alle Fehlentscheidungen aufzähle, die der Mann in den letzten Jahren so getroffen hat. Wer als Konditor mit 46 Jahren immer noch Salz und Zucker verwechselt, ist für den Job nicht geeignet. Gleiches gilt für Schiedsrichter, die das Foul von Bernd Leno an Anthony Ujah nicht mit Elfmeter und Gelb-Rot würdigen.

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