Aus für Rot-Grün in Stockholm
Parlament schmettert Etatentwurf der Minderheitsregierung ab – Premier Löfven kündigt Neuwahlen an
Am 22. März wird es Neuwahlen in Schweden geben. Das teilte Ministerpräsident Stefan Löfven am Mittwoch mit. Selbst mit den Stimmen der Linkspartei, die seine rot-grüne Minderheitsregierung toleriert, hat der Sozialdemokrat keine Mehrheit. Das haben die rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) gnadenlos ausgenutzt, indem sie seinen Haushaltsentwurf 2015 zu Fall brachten.
Die SD hatten zuvor erfolglos gefordert, die Senkung der Einwanderung um 50 bis 90 Prozent zu versprechen. Die Rechtspopulisten straften Löfven für dessen Ablehnung ab, indem sie dem Gegenvorschlag der bürgerlichen Opposition für den Haushalt 2015 eine Mehrheit verschafften. Die Opposition war nicht zu Kompromissen mit der seit zwei Monaten regierenden Koalition bereit. In Schweden legen alle Parteien einen Haushalt vor. Der mit den meisten Stimmen gewinnt.
Die Schwedendemokraten, eine Partei, die ihre tiefbraunen Wurzeln zumindest öffentlich abgeschüttelt hat, konnte bei den letzten Wahlen erdrutschartige Erfolge feiern. Sie ist mit 12,9 Prozent drittstärkste Kraft und Zünglein an der Waage zwischen dem bisherigen linken Block der Minderheitsregierung und der aus vier Parteien bestehenden bürgerlichen Opposition. Von beiden Blöcken konnte sie viele neue Wähler gewinnen, zumeist aus sozial weniger privilegierten Kreisen.
Schweden hat im Vergleich zu den meisten EU-Ländern bislang eine großzügige Einwanderungsregelung. Sie wird im Unterschied zu anderen Staaten nicht nur vom Linksblock, sondern auch von den bürgerlichen Parteien verteidigt. Nur weil 12,9 Prozent der Bevölkerung ein Umdenken fordern, wolle man nicht nachgeben, argumentierte Löfven. Schließlich seien ja weit über 80 Prozent der Wähler noch immer für die gegenwärtige Einwanderungspolitik.
Dass der zentrale Haushaltsentwurf einer frisch ins Amt gewählten Regierung völlig scheitert, ist historisch neu für das politisch sonst recht stabile Schweden. Löfven bezeichnete sowohl das Verhalten der Rechtspopulisten als auch das der unnachgiebigen bürgerlichen Opposition als »verantwortungslos«. Die Opposition konterte, dass es nicht ihre Aufgabe sei, die rot-grüne Regierung zu retten.
Vergeblich hatte Löfven versucht, Teile der vier bürgerlichen Parteien auf seine Seite zu ziehen. Eigentlich sind die Budgetvorschläge beider Blöcke nicht so unterschiedlich. Auch ist man sich noch einig, den Rechtspopulisten keinerlei Macht einzuräumen. Die SD hatten zudem angekündigt, auch zukünftige bürgerliche Regierungen zum Scheitern zu bringen. Man werde die Rolle des Königsmachers auch in Zukunft konsequent nutzen, bis die Einwanderung reduziert werde. Daher ist es offen, ob Neuwahlen die Lösung für die Blockade sind. Denn das Patt könnte laut Umfragen fortbestehen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.