Vorsicht Folgekosten!
Wohnungskauf
Wer beim Finanzierungskonzept nur den Kaufpreis und die Belastung durch Tilgung und Zinsen im Auge hat, kann leicht in eine Kostenfalle geraten.
Hausgeld und Sanierung
Hausgeld umfasst die Nebenkosten für Eigentumswohnungen, aber sie sind deutlich höher als für Mieter. Hinzu kommen: Kosten für Verwaltung, Versicherungen, Beiträge zur Instandhaltungsrücklage, Reparaturkosten an Heizung oder Aufzug. Nicht immer verraten die monatlichen Hausgeldüberweisungen die wahre Belastung.
Das größte Risiko sind Sanierungen, die den einzelnen Eigentümer auch mit 10 000 Euro oder mehr belasten können. Ist die Maßnahme zur Erhaltung des Gebäudes notwendig, kann sie mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, auf die finanzielle Situation des einzelnen Eigentümers muss keine Rücksicht genommen werden.
»Vor diesen Risiken kann sich nur schützen, wer vor dem Kauf alle Informationsmöglichkeiten konsequent ausschöpft«, erklärt Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin von wohnen im eigentum. Und das geht so:
Bedenkzeit nutzen!
Nach dem Beurkundungsgesetz sollen Käufer den Entwurf des notariellen Kaufvertrags zwei Wochen vor dem Notartermin zur Prüfung bekommen: die letzte Chance für die Prüfung des Kaufobjekts. Dann müssen sie aber mehr tun, als den Vertrag lesen und prüfen, denn der sagt nichts über mögliche finanzielle Folgerisiken des Kaufs.
Laufende Kosten: Hausgeld
Das Hausgeld wird in der Regel monatlich gezahlt, seine Höhe ist neben der Tilgung des Kaufpreises die wichtigste Dauerbelastung. Es umfasst Betriebskosten für Wasser/Abwasser, Heizung, Straßenreinigung, Müllentsorgung und anderes, dann Kosten für die Verwaltung und die Instandhaltungsrücklage. Käufer sollten sich nicht nur die monatliche Höhe nennen lassen, sondern auch die letzten Jahresabrechnungen einsehen: Gab es häufig erhebliche Nachzahlungen, müssen sie das bei der Kalkulation berücksichtigen.
Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung
Das ist die Verfassung der Eigentümergemeinschaft. Falls sie nicht dem Notarvertrag beigefügt ist, vom Verkäufer verlangen. Dort finden sich so grundlegende Informationen wie die Kostenverteilungsschlüssel oder ob etwa für die Sanierung von Balkonen oder Fenstern der einzelne Eigentümer oder die Gemeinschaft aufzukommen hat.
Beschlüsse zu Sanierung und Modernisierung
Käufer sind an Beschlüsse der Eigentümerversammlung auch aus der Zeit vor dem Kauf gebunden. Nur wenn sie diese kennen, können sie die finanziellen Folgelasten des Kaufs abschätzen. Bei Sanierungen älterer Wohnanlagen kann es hier um fünfstellige Beträge gehen. Ob Käufer das Geld aufbringen können, ist allein ihr Problem. Deshalb müssen sie die Beschlüsse kennen. Die Führung der Beschluss-Sammlung ist Aufgabe des Verwalters. Der Käufer hat dort kein Einsichtsrecht, aber der Verkäufer kann ihm die Beschlüsse beschaffen.
Tagesordnungen und Protokolle sichten
Auch wenn es dazu noch keine Beschlüsse gibt, können Sanierungen oder Modernisierungen anstehen. Wichtige Hinweise können Tagesordnungen und Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten Jahre geben. Sie zeigen, ob solche Maßnahmen diskutiert wurden und deshalb mit ihnen zu rechnen ist. Auch diese Unterlagen hat der Verkäufer oder kann sie bei der Verwaltung beschaffen.
Bauzustand prüfen
Die Sichtung der Dokumente genügt noch nicht. Zusätzlich müssen Kaufinteressenten den Bauzustand der Wohnung und unbedingt auch den Zustand des im Gemeinschaftseigentum stehenden restlichen Gebäudes genau unter die Lupe nehmen. Sinnvoll ist es, sich von einem Bauberater begleiten zu lassen.
Höhe der Instandhaltungsrückstellung
Die Instandhaltungsrückstellung dient zu Finanzierung von Modernisierungen und Sanierungen. Je größer sie ist, desto weniger müssen die Eigentümer im Ernstfall als Sonderumlage zusätzlich zum laufenden Hausgeld aufbringen. Diese Information ist um so wichtiger, je mehr zukünftige Investitionen der Bauzustand der Anlage, die Beschlusslage oder andere Informationen erwarten lassen. Beim Kauf übernimmt der Käufer sozusagen die Rückstellung (sie wird ihm allerdings nicht ausgezahlt). Das heißt auch: Eine hohe Rückstellung rechtfertigt einen höheren Kaufpreis für die Wohnung. Außerdem spricht eine angemessene Rückstellung für eine sorgfältige und vorausschauende Verwaltung der Anlage, auch ein Pluspunkt gegenüber unsanierten Immobilien-Schnäppchen ohne Rücklagen.
Vermögensstatus und Hausgeldrückstände
Diese Angaben haben große Aussagekraft für die langfristige wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Eigentümergemeinschaft. Größere Hausgeldrückstände sind ein Alarmzeichen, das jeden einzelnen Eigentümer betrifft: Eine Eigentümergemeinschaft funktioniert nur, wenn alle ihren Beitrag leisten.
Der Mehrheitseigentümer entscheidet
In vielen Wohnungseigentumsanlagen hat ein Eigentümer - oft ein Investor, aber auch ein Mietpool - die Mehrheit. Er kann dann allein darüber entscheiden, wann notwendige Sanierungen durchgeführt werden - oder diese blockieren, was zu Verwahrlosung und Wertverfall der Anlage führen kann. Das hängt ganz von seiner Geschäftspolitik ab. Aber selbst der Kaufinteressent, der glaubt, diese zuverlässig einschätzen zu können, muss sich klar darüber sein, dass der Mehrheitseigentümer seine Wohnungen jederzeit als Paket verkaufen kann - und dann ist die Geschäftspolitik womöglich eine andere. Deshalb ist grundsätzlich eher vom Kauf einer Wohnung in solchen Anlagen abzuraten.
Mieteinnahmen
Für den Erfolg des Wohnungskaufs als Geldanlage und Altersvorsorge sind die langfristigen Mieteinnahmen entscheidend. Für die Beurteilung dieser Frage kommt es nicht nur auf den letzten Kontoauszug an, sondern wichtig ist auch, wie stabil die Mietverhältnisse sind. Werden die Mieteinnahmen durch Konstruktionen wie Mietpools gesichert und stabilisiert, muss besonders kritisch geprüft werden, ob diese auf Dauer wirtschaftlich lebensfähig sind und nicht nur den kurzfristigen Anschein guter Mieteinnahmen erwecken. Expertenrat ist sinnvoll. wohnen-im-eigentum.de/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.