Innenpolitik von vorgestern

Daniel Schwerd über den CDU-Parteitag in Köln, ein fragwürdiges Verständnis von innerer Sicherheit und Maßnahmen aus der konservativen Mottenkiste

  • Lesedauer: 3 Min.

Auf ihren Kölner Parteitag in der vergangenen Woche hat die CDU ein Positionspapier zur inneren Sicherheit beschlossen, das sämtliche Schubladen der Angstmache aufmacht: Salafisten, ausländische Einbrecherbanden, Crystal Meth, jugendliche Verbrecher, Cyberkriminelle und Pädophile werden darin als akute Bedrohung ausgemacht. Selbst die Warnung vor dem Internet, das kein »rechtsfreier Raum« sein dürfe, war nicht zu abgedroschen, um sie nicht in dem Text mit dem Titel »Mit einem starken Staat für Freiheit und Sicherheit« unterzubringen. Die Autoren setzen darin auf das ganze Gruselarsenal von Sicherheitsinstrumenten, das uns seit Jahren schon verfolgt. Schon im zweiten Satz wird die innere Sicherheit als Grundrecht der Menschen definiert. Das »Supergrundrecht« des ehemaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) lässt grüßen. Von Freiheit ist im weiteren Verlauf nicht mehr die Rede. Wie die CDU diese sichern und schützen will, bleibt also offen.

Die Christdemokraten fordern in dem Text die Vorratsdatenspeicherung, eine spezielle Technik zur Überwachung verschlüsselter Kommunikation und die Verstärkung der Zusammenarbeit von Nachrichtendiensten. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der anlasslosen Datensammlung finden keine Erwähnung, ebenso wenig die umfassende Missachtung unserer Privatsphäre durch Maßnahmen westlicher Geheimdienste - Stichwort NSA. Dabei sind doch gerade Datensammlungen ein beliebtes Ziel von Kriminellen - solche Informationshalden erhöhen die Unsicherheit der Bürger und Unternehmen, genauso wie die Kompromittierung von Hard- und Software durch staatliche Trojaner und Wanzen auf unseren Computern.

Weiterhin wird das Internet als rechtsfreier Raum dargestellt. Es sei ein Deckmantel für Straftaten, heißt es, die Videoplattform »Youtube« diene der Miliz Islamischer Staat als Werbemittel und Vorratsdaten seien notwendig zur Bekämpfung von Kinderpornografie, die mittlerweile vor allem online ihre Verbreitung findet. Die Chancen des World Wide Web werden dagegen nicht erwähnt. Und auch nicht die Gefahren einer ausufernden Überwachung, die immer mehr Bereiche unseres täglichen Lebens einnehmen. Man denke nur an die Elektronische Gesundheitskarten, die seit geraumer Zeit an die Krankenversicherten verteilt werden.

Nach Vorstellung der CDU reicht das alles noch nicht. So wollen die Christdemokraten mit mehr Videokameras im öffentlichen Raum und softwarebasierten Kriminalitätsprognosen die innere Sicherheit erhöhen - ob das durch mehr Technik überhaupt möglich ist, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Durch Kameras wurde jedenfalls noch kein einziges Verbrechen verhindert - weder in der Berliner U-Bahn noch auf einem Münchener S-Bahn-Gleis. Und das Vorhersagen von möglichen Verbrechen erinnert an Zukunftsdystopien, in denen programmierten Algorithmen mehr Vertrauen entgegengebracht wird als Menschen. Mehr als bedenklich sind außerdem die zur Sprache gebrachten Beschränkungen der Reisefreiheit, zum Beispiel durch den Entzug von Pässen. Selbst die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit wird zur Terrorbekämpfung gefordert, als ob sich dadurch ein potenzieller Attentäter von seinem Vorhaben abbringen lassen würde.

Die CDU will darüber hinaus das Strafrecht verschärfen. Nach ihren Vorstellungen soll seltener Jugend- und mehr Erwachsenenstrafrecht angewendet werden. Auch das ist eine Forderung aus der innenpolitischen Mottenkiste. Die Androhung härterer Strafen hat nur in wenigen Ausnahmefällen zu einer niedrigeren Kriminalitätsrate geführt. Das sollten eigentlich auch Konservative wissen, schließlich ist das Lesen von Polizeistatistiken kein Privileg der politischen Linken.

Es scheint, als wolle die CDU ihre Reihen nach rechts schließen. Offenbar hat der Einzug der Alternative für Deutschland in mehrere Landtage bereits Folgen auf den Parteitag in Köln gehabt. Anders ist der Schwenk nach rechts kaum zu erklären.

Sicherheit hat keinen Vorrang vor Freiheit. Vielmehr muss beides sorgfältig ausgewogen werden. Absolute Sicherheit werden die Behörden niemals gewährleisten können, auch nicht durch exzessivste Überwachung. Und umgekehrt gibt es keine Sicherheit ohne Freiheit - diese Erkenntnis ist bei der CDU offensichtlich noch nicht angekommen.

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