Erstmals unter den besten Zehn
Mit dem Sieg gegen Karlsruhe verzückt der 1. FC Union Berlin seine Anhänger
»Fußballgott, machs gut«, rief Benjamin Köhler seinem Mannschaftskameraden Christopher Quiring noch zu, dann verschwand er schnell. Der 34-jährige Köhler war schon geduscht, frisiert und umgezogen, als der zehn Jahre jüngere Quiring immer noch in der vom Zweitligakampf gegen den Karlsruher SC durchnässten und verdreckten Spielkleidung geduldig Auskunft gab. Fußballgötter sind sie ja alle beim 1. FC Union Berlin, aber Quiring kam am Dienstagabend gar als Erlöser daher. Auch deshalb hatte er, im Gegensatz zu Köhler, viel zu erzählen: von seinem dritten Saisontor, vom 100. Zweitligasieg seines Klubs, von seiner schönen Auswechslung und vom hervorragenden Zusammenspiel mit Christopher Trimmel.
Die rechte Seite von Union war beim 2:0-Sieg gegen den als Tabellenzweiten angereisten Gegner spielentscheidend. In der Defensive gestatteten Außenverteidiger Trimmel und Flügelflitzer Quiring den Karlsruhern keinen Raum, das Angriffsspiel ihrer Mannschaft lebte an diesem Abend von ihnen. Unermüdlich stürmten beide immer wieder ihre Seite entlang: Quiring hatte mit 38 Sprints die meisten, öfter als Trimmel war kein anderer Unioner am Ball. Der vor dieser Spielzeit von Rapid Wien gekommene Österreicher machte sein bisher bestes Spiel für die Berliner. Dies krönte er in der 72. Minute mit einer passgenauen Flanke auf Stürmer Sebastian Polter, der zum Endstand von 2:0 einköpfte.
Den Führungstreffer hatte Quiring besorgt. Nach einem unglücklichen Ausrutscher von Karlsruhes Innenverteidiger Jan Mauersberger hatte Polter schnell geschaltet. Auch Quiring war hellwach, startete, bekam den Ball und drosch ihn in der 2. Minute ins Netz. Zuvor erst zweimal waren die Berliner in dieser Saison bei Heimspielen in der Alten Försterei in Führung gegangen, beide Male aber erst in der zweiten Halbzeit. Das frühe Führungstor gegen Karlsruhe erlöste die Mannschaft. »Das macht ein Spiel auch ein Stück weit einfacher«, weiß auch Trainer Norbert Düwel.
Für Christopher Quiring ist es »immer schön zu treffen«. Außerordentlich war dagegen für ihn die Auswechslung vier Minuten vor dem Ende: »Mit dem Gefühl eines sicheren Sieges und soviel Applaus den Platz zu verlassen, das war schon besonders.« Viele Union-Fans unter den 17 000 Zuschauern hatten ihn gar mit Sprechchören verabschiedet. Irgendwann sagte Quiring dann, er sei müde und brauche eine Pause. Kraft und Spritzigkeit lassen nach 18 Ligaspielen spürbar nach - die Partie gegen den Karlsruher SC war gleichzeitig schon der Rückrundenauftakt. Aber sein 100. Pflichtspiel für den 1. FC Union Berlin würde er dann doch noch gern vor der Winterpause machen.
Ob es am Freitag bei Fortuna Düsseldorf im letzten Spiel des Jahres dazu kommen wird, ist jedoch keineswegs sicher. Trainer Norbert Düwel ändert nicht selten die Aufstellung von Spiel zu Spiel. Allein Trimmel sowie die Innenverteidiger Toni Leistner und Roberto Puncec kommen auf über 1400 von bisher 1620 möglichen Einsatzminuten.
Eine entscheidende Änderung hatte Düwel vor dem Spiel gegen Karlsruhe vorgenommen: Benjamin Köhler musste erst mal auf der Bank Platz nehmen, dafür spielte Björn Jopek zusammen mit Damir Kreilach im zentralen defensiven Mittelfeld. Beide harmonierten prächtig, zweikampfstark und passsicher kontrollierten sie geschickt Raum und Gegner. Selbst als der KSC nach der Pause sein eh schon spielstarkes Mittelfeld noch verstärkte und vom 4-4-2 auf ein 4-5-1-System umstellte, gab es kaum ein Durchkommen. Und auch Düwels Plan, nach Ballgewinnen blitzschnell umzuschalten, konnten beide mit ihren Fähigkeiten nahezu perfekt umsetzen.
»Wenn man die erste Phase der Saison wegrechnet, können wir zufrieden sein«, bilanzierte der zweite Torschütze Sebastian Polter. Es scheint, dass sich Mannschaft und Trainer endlich gefunden haben. Mit 24 Punkten stand der 1. FC Union Berlin nach der Partie auf Rang neun - und damit erstmals in dieser Saison unter den besten Zehn der 2. Bundesliga.
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