Es werde Licht
Der größte europäische Chanukka-Leuchter steht in Berlin
Schlendert man von Unter den Linden Richtung Pariser Platz und Brandenburger Tor, fällt er schon von weitem auf: der achtarmige Chanukkaleuchter mit dem Stern Davids, auch Chanukkia genannt, der sich seit fünf Tagen vor dem Wahrzeichen Berlins erhebt. Zehn Meter ist er hoch. Damit ist der Leuchter der größte seiner Art in ganz Europa. »Die Chanukkia vor dem Brandenburger Tor ist ein Symbol für Frieden, Versöhnung und Toleranz,« sagt Rabbiner Yehuda Teichtal. Der aus Brooklyn stammende Gemeinderabbiner ist seit 1996 Vorsitzender des Jüdischen Bildungszentrums Chabad Lubawitsch in Berlin.
Bereits zum elften Mal organisiert die traditionell-orthodoxe Chabad Gemeinde Aufbau und Unterhalt des großen Kandelabers in Mitte. In diesem Jahr kommen noch 20 kleinere Leuchter hinzu, die im gesamten Stadtgebiet verteilt aufgestellt sind. »Mit der Präsenz im öffentlichen Raum wollen wir die positive Botschaft von Chanukka mit allen Menschen in Berlin teilen und zum friedlichen Miteinander aufrufen«, erklärt Teichtal. Jüdischen Menschen mache die Chanukkia im Herzen der Hauptstadt zudem Mut, ihre jüdische Tradition und Religion nicht zu verstecken, sondern bewusst im Alltag zu zeigen, so der 42-Jährige. Nach dem Überfall auf einen Rabbiner in Schöneberg vor zwei Jahren sowie weiteren antisemitischen Taten war eine Debatte darüber entbrannt, ob Juden sich in Berlin offen zu ihrer Religion bekennen können. Das Licht des Chanukkaleuchters - es ist in diesem Zusammenhang auch der Sieg von Toleranz und Demokratie gegen Antisemitismus und Stigmatisierung.
Der Tradition entsprechend erinnert Chanukka, was aus dem Hebräischen übersetzt so viel wie »Weihung« bedeutet, an den Sieg der Makkabäer über die Armeen der Seleukiden und an die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem im Jahr 164 vor Christus. Das Chanukkawunder bezieht sich auf ein Ölfläschchen im Tempel, das der Überlieferung nach geweihtes Lampenöl für acht Tage enthielt. So bot es den Priestern genügend Zeit, neues Öl zu weihen. Damit entstand der Brauch des achtarmigen Leuchters, dessen Kerzen täglich um eine weitere erweitert angezündet werden. Die Überlieferung und Tradition bewahren und gleichzeitig in der modernen Gesellschaft leben und wirken, das ist Rabbiner Teichtal und seiner Gemeinde wichtig. Deswegen begeht das Bildungszentrum neben dem täglichen »Kerzenzündeln« das Fest, das noch bis zum 24. Dezember andauert, mit vielen weiteren Veranstaltungen. Während der Festtage gehen Gemeindemitglieder beispielsweise in Berliner Krankenhäuser, um Kindern Geschenke zu bringen. Im Geist von Chanukka, ganz unabhängig von Herkunft und Religion.
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