Nach Hetzern kamen Brandstifter
Anschlag auf Journalisten in Berlin – Staatsschutz ermittelt
In der Polizeimeldung vom Sonnabend heißt es noch: »Der Polizeiliche Staatsschutz prüft, ob die Taten politisch motiviert waren.« »Daran haben sie wohl inzwischen kein Zweifel mehr«, sagte der Reporter am Sonntagmorgen gegenüber »nd« und verwies wohl zu Recht darauf, dass dem Angriff eine Hetzkampagne gegen ihn und weitere antifaschistisch orientierte Bildjournalisten vorausgegangen war.
Im November tauchte im Internet eine Art Steckbrief mit den Porträts von 18 Fotojournalisten auf. Überschrift: »Achtung Antifa Fotografen«. Angefügt waren die Namen der Berichterstatter, die über Naziaufmärsche berichtet haben. Auf Facebook fand der Steckbrief Hunderte Anhänger. Fotos, auf denen Journalisten bei der Arbeit zu sehen sind, wurden hinzugestellt. Slogans wie »Lügenpresse! Halt die Fresse!« komplettierten die Hetze.
NPD-Leute beförderten die Attacke. Rasch war der Steckbrief auf der Facebook-Seite des nordrhein-westfälischen NPD-Landeschefs Claus Cremer zu finden. Die Kommentare der Facebook-Nutzer lassen kaum Fragen offen. Die Abgebildeten seien »Hackfressen«, »Menschenmüll« und »Abschaum«, ist auf Facebook zu lesen. »Solchen Drecksäcken möchte ich mal im Dunkeln begegnen, damit es keine Zeugen gibt«, schrieb einer. Ein anderer tat sich mit dem Satz hervor: »Wenn man von denen schon Namen und Gesichter kennt warum leben die Bastarde dann noch???«
Der Landesverband der Deutschen Journalisten-Union in ver.di forderte den Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) im Zusammenhang mit einer Demonstration der rechten Szene gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Marzahn auf, den Schutz der Demonstranten und der grundgesetzlich verankerten Pressefreiheit sicherzustellen.
Bereits im April hatten noch immer Unbekannte das Auto des jetzt erneut attackierten Bildjournalisten angezündet. Die Ermittlungen wurden rasch eingestellt. Diesmal hätte das Feuer leicht auf das Wohnhaus übergreifen können. Offensichtlich ist die Polizei nun – anders als zu Jahresbeginn – eher geneigt, die Tat als politisch motiviert zu betrachten. Man hat den Betroffenen zu einem Sicherheitsgespräch eingeladen, um ihn und seine Familie über präventive Schutzmöglichkeiten zu informieren. Sicher sei jedoch, so der Bildjournalist, dass »wir uns von den Nazis nicht vertreiben lassen«. hei
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