»Die harten Reformen …
Kathrin Gerlof über die Wahl in Griechenland, die Sorgen deutscher Anleger und den Trend zum kleinen Hund
… tragen Früchte, sie sind ohne jede Alternative.« 2015 wird das Jahr sein, in dem wir endlich mal über Geld reden müssen. Wolfgang Schäuble hat bis zur letzten Sekunde des vergangenen Jahres nichts anderes getan. Zumal ganz zum Schluss diese Hiobsbotschaft kam: Neuwahlen in Griechenland. Möglicherweise werden am 25. Januar die linksradikalen Chaoten um Alexis Tsipras stärkste Partei. Und Syriza (schon der Name dieses Linksbündnisses klingt unseriös) droht mit einem Schuldenschnitt. »Wieder Stress mit Athen« titelten die lieben bürgerlichen Medien.
Und wirklich. Wir! Wir Deutschen über alles (und die anderen auch ein bisschen) haben in dieses mickrige kleine Land, auf das wir nicht angewiesen sind, so viel Geld gepumpt. Unter Auflagen, das versteht sich von selbst. Aber die waren doch nicht schlimm und klangen in etwa so: Ihr bekommt von uns Geld und von dem Geld kauft ihr dann unsere Panzer, die eure Wirtschaft mächtig ankurbeln werden. Nur zum Beispiel. Es gab noch andere Auflagen, in deren Ergebnis sich ein paar Menschen umbrachten, ein paar mehr Menschen ihre Existenzgrundlage und andere gleich ganz ihre Zukunft verloren haben, aber das ist jetzt nicht so wichtig. Wichtig ist: Wir haben uns gekümmert. Und jetzt so was.
Der Chefvolkswirt der Berenberg-Bank (den muss man nicht kennen) sagt, es bestehe ein Risiko von 30 Prozent, dass wir es mit einem »Grexit« zu tun bekommen. Soll heißen, vielleicht steigen die Griechen aus. Na sollen sie, dann stehen sie aus den Ruinen der Akropolis nie wieder auf. Auf uns können sie jedenfalls nicht rechnen, wir haben selber Sorgen.
Wir - die Bundesverbraucher - haben zum Beispiel 28 Milliarden Euro in geschlossene Immobilienfonds investiert. Um die müssen wir uns kümmern. Immerhin locken Renditen bis zu sechs Prozent. Aber eben auch Risiken. Der Kauf eines Hauses sei so ziemlich das größte Klumpenrisiko, das ein Normalanleger (sprich: Normalverbraucher) eingehen könne, stand auf den »Geld & Mehr«-Seiten der FAZ zu lesen. Falsche Lage, marode Bausubstanz, Scheiß-Mieter - und schon ist enorm viel Kapital vernichtet.
Will heißen: Wir haben auch unsere Probleme und können uns nicht andauernd um die Griechen kümmern. Wir sind scharf (noch mal »Geld & Mehr«, das sind einfach tolle Seiten in der FAZ) auf Immobilien in schönen, großen Städten, nur leider wird das langsam ziemlich teuer. Daran ist wahrscheinlich Hellas (gern genommenes Synonym für Griechenland) Schuld. Wir pumpen da rein und die spielen Demokratie.
Jetzt muss dort nach den Wahlen nur noch einmal jemand auf die Idee kommen, irgendeine Volksabstimmung machen zu wollen, darüber, ob man sich auch künftig unters Henkersbeil der Troika legt oder nicht. Dann gibt es Krieg (Obwohl, Scheiße: Die haben ja deutsche Panzer!) Unsere Geduld ist am Ende. Die Börse hat schon mehr als nervös reagiert und wir müssen sowieso aufpassen, dass wir uns um unsere eigenen Sachen ausreichend kümmern.
Der Mindestlohn zum Beispiel. Seit fünf Tagen in Kraft. Der wird Arbeitsplätze vernichten (wer kann denn achtfuffzig in der Stunde zahlen, das ist Halsabschneiderei), und statt Dinge zu unternehmen, müssen die Unternehmer ihre Zeit damit verplempern, Schlupflöcher zu suchen. Zum Glück hat die Regierung und maßgeblich die teure Tote SPD einen Vorschlagskatalog erarbeitet und gleich mit dem Gesetz mitgeliefert. Man muss nur noch die passende Lösung auswählen.
Trotzdem sind die deutschen Verbraucher vorsichtig. In Kauflaune zwar, aber vorsichtig. »Der Trend geht zum kleinen Hund« (das stand jetzt im Wirtschaftsteil! der FAZ). Zum Schoßhund nämlich. Und das klingt wirklich bedrohlich. Wollen die Deutschen über alles künftig die Hände in den Schoß legen? Wie die Griechen, die ja seit jeher faule, korrupte Ruinenbetreiber sind? Ooh.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.