Ein Anschlag auf uns alle
Tom Strohschneider über die Bluttat gegen »Charlie Hebdo«
»Wir veröffentlichen Karikaturen über jeden und alles jede Woche«, so hat Chefredakteur Stéphane Charbonnier einmal das Programm von »Charlie Hebdo« beschrieben. Er hatte dies vor ein paar Jahren in Erinnerung rufen müssen, weil der Satirezeitung irgendwann das Etikett »islamkritisch« aufgeklebt worden war. Nie wäre es jemandem in den Sinn gekommen, von einem »christuskritischen« Magazin zu sprechen - trotz all der Jesuskarikaturen.
Charb und viele weitere Menschen sind nun Opfer von Mördern geworden, die laut Zeugen während ihrer grausamen Tat den Propheten Mohammed priesen.
Was in Paris geschehen ist, ist zuallererst ein Akt der Barbarei gegen Menschenleben. Das Massaker ist zweitens eine Attacke gegen die Pressefreiheit und das Recht auf Satire - die beide den Kirchen erst in langen Kämpfen abgetrotzt werden mussten. Wer im Namen irgendeiner Religion als Blasphemie ablehnt, was ein Grundpfeiler demokratischer Öffentlichkeit ist, stellt sich gegen die Ideen der Aufklärung - und damit gegen eine Grundlage für wirkliche politische Emanzipation. Die Tat von Paris ist damit ein Anschlag auf uns alle.
Und sie ist nicht zuletzt auch dies: eine Attacke gegen die übergroße Mehrheit der Muslime, die nichts gemein haben mit den feigen Mördern und ihrem Missbrauch einer Religion. Der Anschlag, so ist zu fürchten, wird nun auch denen zum neuerlichen »Beweis« gereichen, die keinen Unterschied kennen wollen zwischen Islamisten und Muslimen.
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