Mehr Freiheit, nicht weniger!
Tom Strohschneider über falsche Rufe nach schärferen Gesetzen - und die Lehren aus dem Anschlag auf »Charlie Hebdo«
In die Trauer um die Opfer des Albtraums, der am Freitag in Frankreich zunächst weitergegangen war, mischt sich wachsende Wut - darüber, dass der Anschlag zum »Beweis« für einen Kulturkampf gegen »den Westen« genommen wird, darüber, dass soziale und religiöse Unterschiede in einem Schwarz-Weiß-Raster versenkt werden, darüber, dass »den Muslimen« nun Distanzierung von einem Terrorakt abverlangt wird, wissend, dass sich etwa »die Christen« noch nicht zu rechtfertigen hatten, wenn sich Mörder auf deren Gott beriefen. Wut auch darüber, dass nicht nur Rechtsradikale die Opfer von Paris für ihre Parolen missbrauchen, sondern ebenso Politiker für den abgefeimten Ruf nach schärferen Gesetzen, mehr Überwachung.
Die Attentäter hielten bis zum frühen Freitagabend Abertausende Polizisten in Atem. Ein riesiger Sicherheitsapparat konnte den furchtbaren Anschlag im Vorfeld so wenig verhindern wie danach die Geiselnahmen. Auch die Vorratsdatenspeicherung half nicht, »Charlie Hebdo« vor religiös verbrämtem Furor zu schützen. Und nun soll »mehr innere Sicherheit« helfen, vor einem befürchteten nächsten Mal?
Die Antwort auf den Anschlag auf unsere Kollegen müsste lauten: »Mehr öffentliche Sicherheit!« Eine Sicherheit, die unabhängig von Herkunft, Besitz und Glauben davor schützt, dass Menschen sozial, kulturell, politisch abgehängt werden. Und vor allem: Mehr Freiheit! Die Einschränkung von Demokratie, Bürgerrechten und kritischem Witz wird stattdessen Dünger sein auf dem Nährboden von Terrorismus.
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