Blase des Bösen
Ingolf Bossenz über Terror-Teufel und die Hoffnung des Persers Mani
Die schönste List des Teufels ist es, uns zu überzeugen, dass es ihn nicht gibt? Baudelaires bekanntes Diktum ist obsolet in Zeiten des Terrors. Dann gibt es ihn nämlich - nicht als Fiktion oder Imagination, sondern in persona und mehrfacher Ausführung. So wurden auch die Pariser Attentäter und Massenmörder von Medien flugs zu Teufeln erklärt, zu »Terror-Teufeln« namentlich.
Wenn, wie dieser Tage (wieder einmal) geschehen, die Blase des Bösen mitten in unserer säkularisierten Gesellschaft platzt, ist ein überraschender Rückgriff auf genuin theologisches Deutungsmaterial zu verzeichnen. Ein Reflex, der viel mehr aussagt über das im »kollektiven Gedächtnis« gespeicherte mythologisch-magische Erbe als alle Beschwörungen einer angeblich den kathartischen Kanälen jahrhundertelanger Aufklärung entströmten Rationalität. Mit dem Verweis auf das Wirken gleichsam satanischer Kräfte wird ein dualistisches Weltbild bedient, das zwischen Gut und Böse, zwischen Weiß und Schwarz sauber trennt. Darin lebt bis heute die Hoffnung des spätantiken persischen Religionsstifters Mani: Der Manichäismus erwartet eine Zeit, in der Licht und Finsternis eine endgültige Trennung erfahren. Leider stehen beide in einer dialektischen Beziehung, mit der die Gesellschaft auch künftig leben muss. In einer Beziehung, die vom und im Menschen angelegt ist. Von ihm kommt das Gute. Wie das Böse. Und nicht vom Teufel.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.