Blase des Bösen

Ingolf Bossenz über Terror-Teufel und die Hoffnung des Persers Mani

  • Lesedauer: 2 Min.

Die schönste List des Teufels ist es, uns zu überzeugen, dass es ihn nicht gibt? Baudelaires bekanntes Diktum ist obsolet in Zeiten des Terrors. Dann gibt es ihn nämlich - nicht als Fiktion oder Imagination, sondern in persona und mehrfacher Ausführung. So wurden auch die Pariser Attentäter und Massenmörder von Medien flugs zu Teufeln erklärt, zu »Terror-Teufeln« namentlich.

Wenn, wie dieser Tage (wieder einmal) geschehen, die Blase des Bösen mitten in unserer säkularisierten Gesellschaft platzt, ist ein überraschender Rückgriff auf genuin theologisches Deutungsmaterial zu verzeichnen. Ein Reflex, der viel mehr aussagt über das im »kollektiven Gedächtnis« gespeicherte mythologisch-magische Erbe als alle Beschwörungen einer angeblich den kathartischen Kanälen jahrhundertelanger Aufklärung entströmten Rationalität. Mit dem Verweis auf das Wirken gleichsam satanischer Kräfte wird ein dualistisches Weltbild bedient, das zwischen Gut und Böse, zwischen Weiß und Schwarz sauber trennt. Darin lebt bis heute die Hoffnung des spätantiken persischen Religionsstifters Mani: Der Manichäismus erwartet eine Zeit, in der Licht und Finsternis eine endgültige Trennung erfahren. Leider stehen beide in einer dialektischen Beziehung, mit der die Gesellschaft auch künftig leben muss. In einer Beziehung, die vom und im Menschen angelegt ist. Von ihm kommt das Gute. Wie das Böse. Und nicht vom Teufel.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.