Berliner Sozialgericht kämpft weiter mit Hartz IV-Klageflut
Gerichtspräsidentin: »Wir sind über den Berg, aber noch lange nicht im Tal« / Fast die Hälfte der Klagen wegen Grundsicherung für Arbeitssuchende
Berlin. Deutschlands größtes Sozialgericht in Berlin kämpft trotz einer leichten Entspannung weiter mit einer Klageflut gegen Hartz IV-Bescheide. 2014 gingen beim Berliner Sozialgericht insgesamt 38.418 neue Verfahren ein, rund 3.500 oder 8,5 Prozent weniger als 2013. Davon betrafen immer noch mehr als die Hälfte (58 Prozent) Klagen gegen Hartz IV-Bescheide, sagte Gerichtspräsidentin Sabine Schudoma am Mittwoch in Berlin.
Das war ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 11,3 Prozent. Damit sind fast die Hälfte (64) der insgesamt 133 Richter am Berliner Sozialgericht mit der Bearbeitung von Klagen gegen die von den Jobcentern ausgerechnete Grundsicherung für Arbeitssuchende beschäftigt.
Insgesamt sind seit Einführung von Hartz IV vor zehn Jahren im Januar 2005 bis Ende 2014 fast 216.000 Hartz IV-Klagen am Berliner Sozialgericht eingegangen. Das bedeute: »Ein Hartz IV-Verfahren alle 24 Minuten. Tag für Tag. Zehn Jahre lang«, betonte Schudoma.
»Wir sind über den Berg, aber noch lange nicht im Tal«, sagte Schudoma mit Blick auf den Rückgang der Anzahl neuer Verfahren. Erstmals seit vier Jahren sank die Zahl der neu hinzugekommenen Klagen unter die 40.000-Grenze.
Neben den Klagen wegen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Hartz IV) beschäftigten sich die Richter an Deutschlands größtem Sozialgericht im vergangenen Jahr mit Klagen gegen Rentenbescheide (zehn Prozent), wegen der Krankenversicherung (sechs Prozent) oder der Arbeitslosenversicherung (fünf Prozent). epd/nd
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