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Obama setzt auf Sozialpolitik

Rede zur Lage der Nation: Präsident verspricht bessere Unterstützung von Familien und den sozial Schwachen / Republikaner wollen Steueranhebung für Reiche blockieren

  • Lesedauer: 4 Min.

Washington. Genau sechs Jahre nach seinem Amtsantritt hat US-Präsident Barack Obama in seinem Bericht zur Lage der Nation versprochen, in den beiden verbliebenen Amtsjahren vor allem für eine bessere Unterstützung von Familien und den sozial Schwachen zu kämpfen. «Heute Nacht schlagen wir eine neue Seite auf», verkündete Obama vor dem Kongress in Washington. Man dürfe keine Gesellschaft akzeptieren, in der nur einige Wenige profitieren. Jeder müsse eine faire Chance haben. Wie bereits vorab bekannt wurde, will Obama in seiner Rede konkret höhere Steuern für die Reichen fordern.

Obamas will jedem Arbeiter in den USA die Möglichkeit geben, sieben bezahlte Krankheitstage nehmen zu können. Er fordert außerdem eine Anhebung des Mindestlohns, gleiche Löhne für Männer und Frauen sowie bessere Rechte für Gewerkschaften. Ein zweijähriges Studium an Fachhochschulen soll kostenlos werden, um Studenten vor hohen Schulden beim Berufseinstieg zu bewahren. Zudem sollen Unternehmen mehr bezahlte Praktika. Mit höheren Steuern für Reiche will Obama Ungleichheit verringern und mit den Einnahmen Kinderbetreuung einkommensschwacher Familien sowie das Studium ihrer Kinder finanzieren.

Obama warnte den Kongress davor, seine sozialen Verbesserungen wie die Gesundheitsreform und den Schutz illegaler Einwanderer anzutasten. Die Republikaner haben erstmals in seiner Amtszeit die Mehrheit in beiden Kammern. Sie wollen viele seiner Reformen zurücknehmen. «Wenn ein Gesetz meinen Schreibtisch erreicht, das eines dieser Dinge versucht, wird es mein Veto ernten.» Auch die strengeren Regeln für die Wall Street dürften nicht aufgeweicht werden.

Unklar ist, was Obama von seinen Initiativen gegen tatsächlich gegen die Oppositionsmehrheit umsetzen kann. Schon vorab hatten die Konservativen klargestellt, etwa Steueranhebungen für Reiche abzulehnen. Obama fühlt sich auch durch verbesserte Umfragewerte gestärkt. In einer jüngsten Erhebung von ABC und «Washington Post» bescheinigen ihm erstmals wieder 50 Prozent der Befragten, er mache einen guten Job.

Die USA seien kraftvoller aus der Rezession hervorgegangen als der Rest der Welt. «Seit 2010 hat Amerika mehr Menschen zurück in die Arbeit gebracht als in Europa, Japan und alle entwickelten Volkswirtschaften zusammen», sagte Obama. Zum ersten Mal seit fast 30 Jahren sei das Land nicht mehr abhängig von ausländischem Öl. Und nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in New York und Washington seien nunmehr die «langen und teuren» Kriege beendet.

Obama forderte vom Kongress freie Hand für die derzeit verhandelten Freihandelsabkommen mit Europa (TTIP) und Asien (TPP). Man dürfe diese Märkte nicht Anderen überlassen. «China will die Regeln für die am schnellsten wachsende Region schreiben», sagte er. «Warum sollten wir das zulassen? Wir sollten diese Regeln schreiben.»

Die Außenpolitik nahm in der Rede einen vergleichsweise kleinen Raum ein. Die USA hielten an ihrem globalen Führungsanspruch fest, sagte Obama. «Die Frage ist nicht, ob Amerika die Welt anführt, sondern wie.» Dabei müsse militärische Macht mit starker Diplomatie verbunden werden. Obama hob den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat hervor. «Diese Anstrengungen werden Zeit brauchen. Das wird Zielstrebigkeit erfordern. Aber wir werden erfolgreich sein.» Er rief den Kongress auf, entsprechende Resolutionen zu verabschieden.

Das seit fünf Jahrzehnten bestehende Embargo gegen Kuba muss nach Ansicht Obamas aufgehoben werden. «Unser Wechsel in der Kuba-Politik hat das Potenzial, ein Vermächtnis des Misstrauens in unserer Hemisphäre zu beenden», sagte er.

Obama erklärte, neue Herausforderungen ernst zu nehmen. Etwa würden die USA Cyberangriffe genauso bekämpfen wie Terrorismus. «Keine fremde Nation, kein Hacker, sollte in der Lage sein, unsere Netzwerke stillzulegen», sagte er. «Wenn wir nicht handeln, machen wir unsere Nation und unsere Wirtschaft verwundbar. Obama rief den Kongress auf, endlich entsprechende Gesetz zu verabschieden.

Das von Menschenrechtlern kritisierte Gefangenlager Guantánamo müsse geschlossen werden, sagte Obama erneut. Seit seinem Amtsantritt habe er die Zahl der Inhaftierten halbiert. »Jetzt ist es Zeit, die Sache zu Ende zu bringen.« dpa/nd

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