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  • Tagesthema: Muslimische Gemeinden in Deutschland Brutstätten des Terrrorismus?

Anlaufstelle für Hisbollah?

Poster beim »Kofferbomber«: Hamburger Imam-Ali-Moschee im Visier der Geheimdienste

  • Folke Havekost und Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Straßenname hält, was er verspricht: Schöne Aussicht. Am Alsterufer im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst nehmen gestylte Jogger Tempo auf, sitzt ein Liebespaar versonnen auf der Bank und lässt seine Blicke über die Außenalster schweifen. Im angrenzenden Park tollen Rassehunde über den Rasen. Hier residiert die altehrwürdige Ruder-Gesellschaft von 1872, der gehobene Segelclub N.R.V. - und die Iman-Ali-Moschee. Die Moschee hing als Poster auch im Studentenzimmer des in Kiel als mutmaßlicher »Kofferbomber« festgenommenen Youssuf Mohamad E. H. Für die Touristen-Busse ist das imposante, 1963 erbaute Gebäude mit den zwei Minaretten eine Attraktion: Der Stopp dauert mehrere Minuten. Auch der Verfassungsschutz hat ein Auge auf die weltweit größte Moschee in der islamischen Diaspora geworfen. Dort befindet sich das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), das Träger des Gotteshauses ist, und im Verfassungsschutzbericht als »bedeutendster religiös-ideologischer Brückenkopf« Irans in Europa geführt wird. Im Schaukasten vor der Moschee hängt ein hektografierter Zeitungsartikel aus dem »Hamburger Abendblatt«, in dem vom interreligiösen Dialog die Rede ist. IZH-Leiter Seyeed Abbas Ghaemmaghami, der Anfang 2004 vom iranischen geistlichen Oberhaupt Khamenei eingesetzt worden ist, spricht davon, eine »neue Kultur des Islam« aufzubauen und beteuert: »Ich lasse keine Möglichkeit aus, mich gegen Extremismus und für Integration einzusetzen.« In einer Fatwa verurteilte der IZH-Leiter die Terroranschläge in London 2005. Für die Kritiker sind dies Worte, denen nicht genügend Taten folgen. Zwar habe sich das IZH zuletzt bei israelfeindlichen Kundgebungen in Berlin »öffentlich zurückgehalten«, doch gebe es auch weiterhin eine »anhaltende Unterstützung der in Hamburg lebenden Hisbollah-Anhänger«, so der Verfassungsschutz. Ob der Wunsch Ghaemmaghamis nach einem »konstruktiven Dialog« vorgeschoben sei, will Amtsleiter Heino Vahldiek nicht beurteilen: »Ich tue mich generell schwer damit, das Verhalten von Menschen als rein taktisch zu diskreditieren.« »Es ist die einzige Moschee in Deutschland, in der seit der persischen Revolution 1979 kritisch diskutiert wird«, sagt dagegen Peter Schütt, »dabei findet man alle Positionen, auch radikale.« Der Schriftsteller (»Allahs Sonne lacht über der Alster«) ist 1990 zum Islam konvertiert und Mitglied der deutschsprachigen Gemeinde, die von der Imamim Halima Krausen geleitet wird. »Dazu hat Teheran wohl kaum den Segen gegeben«, meint er, angesprochen auf die oftmals unterstellte Lenkung der Gläubigen durch Iran. Die Zusammensetzung der Gemeinde ist tatsächlich sehr heterogen. Neben Muslimen iranischer, afghanischer, libanesischer, pakistanischer und türkischer Herkunft finden sich auch Konvertiten, die aus christlichem Umfeld stammen. Die Volkskundlerin Karin Hesse-Lehmann wertet die »polyethnische Zusammensetzung der Gläubigen und gelegentlich politisch motivierte Freitagspredigten« als einen Grund, warum die Einordnung der Imam-Ali-Moschee nicht leicht fällt. »An seinem eigentlichen Auftrag, an der weltweiten Verbreitung des islamischen Systems iranischer Prägung mitzuwirken, hält das IZH weiter fest«, proklamiert dagegen der Verfassungsschutzbericht. »Es gibt in Deutschland Hisbollah-Anhänger, und diese genießen dort zuweilen Gastrecht«, lässt Verfassungsschützer Vahldieck keinen Zweifel daran, dass Moschee und Zentrum weiter beoabachtet werden. Vom »innermuslimisch pluralistischen Bild«, das nach Auffassung von Peter Schütt seine Gemeinde kennzeichnet, könne sich jeder im »offenen Haus« selbst ein Bild machen. Die Freitagspredigten werden auch in deutscher Sprache abgehalten.

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