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Noch schnell ein Museum

Zum 100-jährigen Jubiläum des Bauhauses ist ein Neubau in Dessau-Roßlau geplant

  • Hendrik Lasch, Dessau-Roßlau
  • Lesedauer: 4 Min.
Im Jahr 2019 feiert das Bauhaus sein 100-jähriges Jubiläum. Ein bis dahin neu gebautes Museum soll Festgäste nach Dessau-Roßlau locken. Der Zeitplan ist indes ehrgeizig.

Die Sammlung im Bauhaus Dessau ist hochkarätig. Sie beinhaltet Möbel, darunter die legendären Stahlrohrstühle von Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe; außerdem Arbeiten der Bauhausschüler oder Werke aus der Reklameabteilung. Rund 40 000 Objekte sind im Katalog erfasst, womit die Sammlung die weltweit zweitgrößte zum Bauhaus ist. Es gibt freilich ein Problem: Zu sehen sind die meisten der Schätze nie. Im Gebäude an der Gropiusallee gibt es dafür schlicht keinen Platz.

Bald soll sich das ändern: Die Stadt in Sachsen-Anhalt soll ein Museum für das Bauhaus erhalten. Anlass ist das 100-jährige Jubiläum, das 2019 begangen wird. Am 12. April 1919 war die avantgardistische Kunstschule in Weimar gegründet worden. Nach einem politischen Rechtsruck in Thüringen geriet sie unter Druck und zog 1925 nach Dessau um, von wo sie nach dem Sieg der NSDAP bei der Ratswahl 1932 erneut vertrieben wurde. Es folgte ein kurzes Intermezzo in Berlin, bevor das Bauhaus von den Nationalsozialisten endgültig zur Auflösung genötigt wurde.

Alle drei Städte werden im Jubiläumsjahr um die Aufmerksamkeit der Bauhausfreunde aus aller Welt werben; die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. So soll in Weimar Ende diesen Jahres der erste Spatenstich für ein neues Museum erfolgen. Gäbe es nicht auch angemessene neue Ausstellungsflächen in Dessau, würde der Besucherstrom an der Stadt vorbeirauschen, glaubt man in Sachsen-Anhalt: »Wir spielen dann«, sagt der LINKE-Kulturpolitiker Stefan Gebhardt, »2019 keine Rolle.«

Immerhin: Nach turbulenten Monaten scheint der Weg zum Museum jetzt frei. Im Juli 2013 hatte die Landesregierung beschlossen, das Haus zu bauen und 12,5 Millionen Euro zu den Baukosten von 25 Millionen zuzuschießen - unter der Voraussetzung, dass der Bund die andere Hälfte übernimmt. Dort ließ man sich mit der Entscheidung indes Zeit: Erst im November 2014 gelang es in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses im Bundestag, einen entsprechenden Posten im Etat zu fixieren. Es habe viel »Überzeugungsarbeit« gebraucht, sagte Stephan Dorgerloh, SPD-Kultusminister und Chef des Stiftungsrates. Eine maßgebliche Rolle, sagt Gebhardt, habe LINKE-Finanzpolitiker Roland Claus gespielt.

Die Zusage aus Berlin erfolgte spät, aber, so beteuert man in Dessau, nicht zu spät. Im Herbst soll der Sieger des Architekturwettbewerbs gekürt werden, 2016 oder 2017 soll mit dem Bau begonnen und dieser »rechtzeitig« vor dem Jubiläum eröffnet werden, teilt die Stiftung Bauhaus auf Anfrage mit. Der Zeitplan sei »natürlich eng«, hatte Stiftungschefin Claudia Perren vor einigen Wochen eingeräumt: »Aber wir schaffen das.«

Um so verstörter waren Beobachter aber jetzt von der Nachricht, dass die Auslobung des Wettbewerbs nicht wie geplant im Januar erfolgte, sondern verschoben wurde - wenn auch nur ein wenig. »Jeder Monat Zeitverlust ist beunruhigend«, sagt Gebhardt. Das Bauhaus beschwichtigt. Man habe zunächst »die haushalterische Anerkennung« des Vorhabens durch das Bundesfinanzministerium in Berlin abgewartet, sagt Verwaltungsdirektor Florian Bolenius dem »nd«. Dadurch verschiebe sich die Auslobung »voraussichtlich um zwei bis drei Wochen«; später aber könnten Aufträge dafür um so zügiger vergeben werden. Die Eröffnung im Jubiläumsjahr 2019 sei, betont Bolenius, »nach wie vor vorgesehen«.

Allzu verwunderlich indes wären weitere Stockungen nicht - schon bisher konnte man manchmal den Eindruck gewinnen, das Vorhaben stehe unter keinem allzu guten Stern. Bevor um das Geld aus Berlin gezittert wurde, gab es handfesten Streit um den geplanten Standort des Museums. In der engeren Auswahl waren drei Varianten, davon zwei Orte in der Nähe des Bauhauses und der Meisterhäuser, in denen einst Lehrer wie Lyonel Feininger, Paul Klee und Laszlo Moholy-Nagy wohnten und die seit kurzem frisch saniert sind. Allerdings sind die Grundstücke bebaut oder in Privatbesitz. Daher votierte das Land für eine Fläche im Stadtpark. Dort gebe es »beste Realisierungsaussichten«, begründete Dorgerloh, der sich damit indes gegen den damaligen, international renommierten Bauhausdirektor Philipp Oswalt stellte. Dessen Vertrag wurde, mutmaßlich wegen des Streits um die Ortswahl, Anfang 2014 nicht verlängert. Auch der Rechnungshof übte Kritik; er nannte den Standort »städtebaulich ungeeignet« und zweifelt erwartete Besucherzahlen an. In der Stadt selbst gab es Sorgen, der Stadtpark könne zugebaut werden. Im Bauhaus rechnet man aber vor, das Museum brauche nur vier Prozent der Grünfläche.

Nach all den Querelen hofft man in Dessau auf den Beginn des Wettbewerbs - und auf ansprechende Entwürfe für das Bauwerk. In diesem sollen 2100 Quadratmeter für Ausstellungen zur Verfügung stehen, wobei ein Gutteil mit wechselnden und Sonderschauen in flexiblen Räumen bespielt werden soll. Im Bauhaus spricht man von einem »Museum in Bewegung«. Spitze Zungen sagen: Wegen der Entfernung zum Stammhaus und den Meisterhäusern braucht man ab 2019 auch »Besucher in Bewegung«.

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