Zynismusroutine

Velten Schäfer über den Kreuzzug gegen das Kirchenasyl

  • Lesedauer: 2 Min.

Hartleibigkeit oder Samaritertum, Untertanengeist oder Ungehorsam - die Bibel kann bekanntlich fast jede Haltung begründen. Wenn es ums Kirchenasyl geht, sind die Gläubigen aber inzwischen entschieden: Auch wenn nur wenige Gemeinden tatsächlich Härtefallasyl gewähren, hat diese Praxis großen Rückhalt an der kirchlichen Basis.

Nichtsdestotrotz und ohne Not - was sind 350 Fälle bei 200 000 Flüchtlingen - lässt der sich als Christ bezeichnende Bundesinnenminister einfach nicht ab von seinem Kreuzzug gegen die Nächstenliebe. Seine Motive sind so unergründlich wie die sprichwörtlichen Wege des Herrn.

Den Geist des Grundgesetzes gilt es hier jedenfalls nicht gegen die Anmaßung der Kirche zu verteidigen. Die Verfassung enthält Grundrechtsbestimmungen, die aufschiebenden Ungehorsam in wenigen humanitären Einzelfällen allemal decken. Und sie nennt in seiner Präambel, worauf selbst ernannte C-Politiker sonst gern abheben, die Verantwortung vor Gott noch vor derjenigen den Menschen gegenüber.

Ist beim Bundesinnenminister der offenbar amtstypische Zynismus von »Der Staat bin ich« schon soweit Routine, dass ihm diese christliche Gewissensentscheidung unerträglich ist? Wurde er kritisch angesprochen, etwa nach einem Gottesdienst? Oder schielt hier jemand auf Pegida?

Es steht zu fürchten, dass Letzteres zutrifft - und bleibt zu wünschen, dass sich die Gemeinden nicht einschüchtern lassen. Die Zahl derer, die einen Samariter brauchen, wird nämlich so schnell nicht abnehmen.

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